Bettwaren:Warum beim Matratzen-Händler immer Schlussverkauf ist

Werbund von Matratzen Concord

Marktschreierische Reklame allerorten: Alles muss raus!

(Foto: imago stock&people)
  • Verbraucherschützer raten zu Vorsicht bei angeblichen Schnäppchen. Sie werfen Händlern vor, mit unrealistischen und intransparenten Preisen zu arbeiten.
  • Ein prominenter Anbieter wehrt sich.

Von Janis Beenen

Das Szenario kennt jeder: Alle Fensterscheiben des Matratzen-Discounters sind zuplakatiert. Auf den bunten Schildern steht in riesigen Lettern die frohe Kunde: "Totaler Räumungsverkauf", "Alles muss raus", "70 Prozent Rabatt". Ach ja, natürlich ist das Geschäft gut sichtbar an einer Kreuzung platziert. Gefühlt permanent laufende Rabattaktionen und auffällige Läden, dieses Phänomen beobachten die Verbraucher in weiteren Segmenten: Denn auch Teppichhändler und Möbelhäuser haben den Ruf, einen ganzjährigen Schlussverkauf zu veranstalten.

Georg Tryba bestätigt den Eindruck vieler Konsumenten. Er arbeitet für die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Tatsächlich gebe es Erklärungen für die Angebotsflut. "Da es sich bei den Aktionen nicht um Produkte des täglichen Konsums handelt, fehlt den Kunden das Preisgefühl", sagt Tryba. "Daher ist die Werbung mit hohen Rabatten der Versuch, Interesse zu wecken und einen Kaufimpuls zu setzen." Bei vielen Matratzen kommt hinzu, dass der Preisvergleich kompliziert ist. "Die Discount-Ketten führen in großem Umfang Eigenmarken", sagt Axel Augustin vom Branchenverband der Bettenfachgeschäfte. Somit wird der Preisvergleich im Internet unmöglich. Die Kunden können kaum herausfinden, ob ihnen ein Rabatt zum Schnäppchen verhilft. Bei Möbeln funktioniert das Geschäft ähnlich. "Die Modelle werden bei unterschiedlichen Anbietern mit verschiedenen Namen verkauft", sagt Tryba. Eine kurze Eingabe in die Suchmaschine reicht also nicht aus, um zu sehen, was Schrank und Stuhl bei der Konkurrenz kosten.

Neben der mangelnden Nachprüfbarkeit raten die Experten aus weiteren Gründen zur Skepsis gegenüber spektakulären Rabattversprechen. "Wenn zum Beispiel wieder ein Schild mit der Aufschrift ,Räumungsverkauf' im Schaufenster hängt, haben Kunden den Eindruck, dass der ganze Laden ausverkauft wird", sagt Tryba und erläutert: "Tatsächlich kann aber auch nur eine Ecke im Geschäft oder mal das Lager geräumt werden". Augustin ergänzt: "Bei den Matratzen gibt es nur alle paar Jahre Kollektionswechsel." Schließlich seien sie langlebige Produkte und keine Saisonware.

Auffällig erscheint auch die Höhe der Rabatte. 50 Prozent und mehr sind üblich. "Nachlässe von 70 Prozent kann es eigentlich nicht geben", sagt Augustin. "Ausgangspunkt der Reduzierung sind oftmals Mondpreise", sagt Tryba. Daher warnt der Verbraucherschützer, sich von durchgestrichenen Summen blenden zu lassen: "Entscheidend ist der reale Preis". Denn trotz Reduzierung könnten vergleichbare Produkte noch günstiger erhältlich sein.

Matratzen Concord wehrt sich gegen Kritik

Unrealistische Summen als Ausgangspunkt für Preisnachlässe zu nehmen, ist erlaubt. Augustin erklärt, wie zum Beispiel Matratzen-Händler vorgehen: "In irgendeiner Filiale muss das Modell für ein paar Tage mal zum angegebenen Ausgangspreis verkauft worden sein." Danach könne die Matratze in allen Filialen als vergünstigtes Produkt angeboten werden.

Dieses Gebaren ist aus dem stationären Handel längst ins Online-Geschäft vorgedrungen. Die Internethändler würden bei ihren Aktionstagen ebenfalls extrem hohe Ausgangspreise wählen, sagt Tryba: "Bei unseren Stichproben am Black Friday oder Cyber Monday im November lagen einige Rabatte nicht bei den angegebenen 50 Prozent, sondern real bei 20."

Matratzen Concord gehört zu den Anbietern, die sowohl im Internet als auch in der Filiale die roten Prozentzahlen zu ihrem Markenzeichen entwickelt haben. Ein Unternehmenssprecher wehrt sich gegen die Kritik von Verbraucherschutz und Fachverband: "Die Möbelbranche hat die Kunden über Jahre so erzogen, dass sie Rabatte gewohnt sind." Daher betreffe das Phänomen nicht nur Matratzen Concord. Der Sprecher bestätigt, dass sein Unternehmen tatsächlich zu 80 Prozent Eigenmarken führt. Fehlende Transparenz der Preise bedeute das nicht: "Anhand der Produktqualität, also mit Angeboten aus vergleichbarem Material, ist ein Preisvergleich im Internet möglich." Mit eigenen Serviceangeboten versuche Matratzen Concord, die Transparenz noch auszubauen.

Auch zur Höhe der Preisnachlässe hat er eine andere Wahrheit. "Die Ausgangspreise sind realistisch gesetzt", sagt er und schiebt hinterher: "Und die Matratzen haben mehr als einen Tag so viel gekostet." Ob sie zu diesem Preis auch Abnehmer fanden, ist allerdings offen.

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