Bezahlung:Bundestag schafft Rechtssicherheit für Betriebsräte

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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bedankt sich im Bundestag auch bei den "ziemlich besten Freunden" aus der Regierungskoalition. (Foto: Lucas Röhr/dpa)

Das Parlament stimmt für eine Änderung im Betriebsverfassungsgesetz – und legt damit wieder eindeutig fest, wie die Bezahlung von freigestellten Betriebsräten geregelt wird.

Von Leonard Scharfenberg

Im Grunde geht es nur um eine kleine Richtigstellung, allerdings eine mit großen Folgen. Denn die Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, die der Bundestag heute beschlossen hat, dürfte viele Betriebsräte in Deutschland aufatmen lassen. Sie beendet eine eineinhalbjährige Phase der rechtlichen Unsicherheit, die einige Unternehmen dazu veranlasst hatte, Vergütungen von Betriebsräten stark zu kürzen oder in Einzelfällen sogar zurückzufordern.

Mit der Gesetzesänderung reagieren die Ampelfraktionen auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Januar 2023. Der BGH hob damals die Freisprüche für vier VW-Manager auf, die ihren Betriebsräten zu hohe Gehälter genehmigt hatten, stellte sich aber in der Begründung des Urteils in wesentlichen Punkten gegen die bisherige Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts zu diesem Thema.

Bei der Frage, wie sich die Vergütung von freigestellten Betriebsräten entwickeln soll, herrschte seitdem große Unsicherheit. Grundsätzlich sollen Betriebsräte durch ihr Engagement keine finanziellen Nachteile ihren Kolleginnen und Kollegen gegenüber haben – so will es das Betriebsverfassungsgesetz. Die Vergütung muss sich also in einem Rahmen bewegen, der weder die Begünstigung von einzelnen Betriebsräten, noch die Behinderung von Betriebsratsarbeit nahelegt. Der Bundesgerichtshof hatte die Maßstäbe für die Berechnung dieser Vergütung deutlich enger ausgelegt als bisher. Das führte dazu, dass die bereits geregelte Bezahlung von vielen Betriebsräten plötzlich wieder infrage stand.

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Zehn Jahre lang hat sich Claudiu Bender für seine Kollegen eingesetzt. Nun soll er 112 000 Euro an die Firma zurückzahlen. Denn seit einem BGH-Urteil ist unklar, wie freigestellte Betriebsräte bezahlt werden sollen.

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Einige Arbeitgeber hatten sich nach dem BGH-Urteil deshalb gemeinsam mit den Betriebsräten bemüht, rechtssichere Lösungen für die Vergütung zu finden. Dort, wo es aber bereits offene Konflikte zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung gab, führte das Urteil nicht selten zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten.

Mit der neuen Änderung soll die Intention des Gesetzgebers unmissverständlich festgelegt werden. Eine Intention, die sich mit der bisherigen Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts deckt. Es ist kein großer Wurf, der hier das Parlament passiert, allerhöchstens ein Zurück zu jahrelang herrschender Praxis. Ein Zurück, das länger auf sich hat warten lassen.

Seit September 2023 lag der Entwurf der Expertenkommission vor, die Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nach dem BGH-Urteil beauftragt hatte. Gewerkschaften und Arbeitgebervertreter signalisieren schnell ihre Zustimmung. Trotzdem dauerte es ein Dreivierteljahr, bis über die Gesetzesänderung im Bundestag abgestimmt wurde. Und das, obwohl das Kabinett dem Vorhaben sogar das Attribut „eilbedürftig“ angeheftet hatte. Inhaltlich veränderte sich in dieser Zeit nichts am Entwurf. Das Gesetz dürfte vielmehr zur Verhandlungsmasse zwischen den Koalitionspartnern geworden sein.

Minister Heil bedankte sich in einer Rede schließlich in leicht ironischem Ton dafür, „dass wir das jetzt abschließen können mit unseren ziemlich besten Freunden aus der Koalition“. Am Ende wurde der Entwurf einstimmig von allen Fraktionen angenommen.

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