Beteiligungsfonds:Lukratives Massenprodukt

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Geschlossene Fonds boomen. Deutsche Kunden halten sich dabei an die Sparerweisheit "Kaufe nur, was du kennst" und investieren vor allem in Immobilien, Schiffe oder "gebrauchte" Lebensversicherungen.

Von Heinz-Josef Simons

Geschlossene Fonds boomen. Bis Silvester werden Anleger geschätzte zehn Prozent mehr Eigenkapital zeichnen als im vergangenen Jahr.

"Kaufe nur, was du kennst" lautet eine Sparerweisheit". Bürogebäude kennt man - und Immobilienfonds sind entsprechend beliebt. (Foto: Foto: ddp)

Zu verdanken ist dies auch den Banken und Sparkassen, die solche Fondsbeteiligungen als lukratives Massenprodukt entdeckt haben.

Ganz oben auf der Beliebtheitsskala stehen Immobilien im In- und Ausland. Peter Kastell, Geschäftsführer des Analysehauses FondsMedia (FMG), glaubt die Gefühlswelt des Anlegers ziemlich genau zu kennen.

Zehn Prozent mehr Kapital erwartet

Dort hat es in den vergangenen Jahren offenbar einen spürbaren Wandel gegeben. "Bei einer Investition in einen geschlossenen Investmentfonds war früher der Steuerspartrieb ausschlaggebend. Heute wollen Anleger hauptsächlich Steuerzahlungen auf ihre Erträge vermeiden."

Ein Trend, den auch andere Branchenkenner bestätigen. Zwar werden "Steuern bei einem Fondsinvestment immer eine Rolle spielen, aber unter geänderten Vorzeichen", glaubt Heinz Gerlach, umstrittener Nestor hiesiger Anlegerschützer.

Für jeden Investorentyp gibt's die passenden Angebote. Kein Wunder, dass der Branchenkenner und Fondsprofi Stefan Loipfinger "rund 11,5 Milliarden Euro platziertes Eigenkapital" für dieses Jahr erwartet. Um die zehn Prozent mehr als 2003.

Privatanleger suchen Sicherheit

Falls die Aktienmärkte in Deutschland und anderswo erneut den Rückwärtsgang einlegen, könnten es auch ein paar Hundert Millionen Euro mehr sein. Die steigende Beliebtheit geschlossener Investmentfonds findet dann auch tatsächlich mit ihre wichtigste Ursache in der dreijährigen Aktienbaisse nach dem Jahrtausendwechsel.

Das gleich in zweifacher Hinsicht. So verabschiedeten sich Privatanleger zu Hunderttausenden von den Risiken deutscher und internationaler Unternehmensbeteiligungen und flohen in die tatsächlich, mitunter auch nur vermeintlich sicheren Häfen festverzinslicher Wertpapiere und geschlossener Fonds.

Zudem haben Banken und Sparkassen seither erhebliche Ertragsprobleme im Privatkundenbereich, weil Sparer um Aktien und Aktienfonds immer noch einen mittelgroßen Bogen machen. Der Vertrieb von geschlossenen Fondsbeteiligungen hilft, Provisions- und andere Gebührenlöcher zu stopfen.

"Kaufe, was du kennst"

Ob der Normalanleger profitiert, der zunehmend ins Visier der Verkäufer gerät, sei einmal dahin gestellt. Martin Witt, Mitglied der Geschäftsführung bei der Berliner Scope Group, jedenfalls glaubt, "dass geschlossene Investmentfonds kein Massenprodukt in Banken und Sparkassen sein dürfen", sondern in die Abteilung für die etwas betuchtere und auch erfahrenere Anlegerklientel gehören.

Was zu denken gibt: Bei manchen Fonds ist schon der Einstieg ab 5000 Euro möglich. Absolut zwar kein Pappenstiel, relativ gesehen aber durchaus auch für Kleinanleger geeignet. Das verschafft Anbietern und Vertreibern gleichermaßen zusätzliches Potenzial.

Dies birgt jedoch zugleich die Gefahr, dass nicht jeder Anleger weiß, was er da tut. "Kaufe nur, was du kennst", lautet die unumstößliche Sparerweisheit von Warren Buffett, der Investoren-Legende aus Omaha.

Preise schießen in die Höhe

Große Bürogebäude kennt jeder, ebenfalls - wenigstens aus dem Fernsehen - Tanker und Container-Schiffe. Und mindestens eine Lebensversicherung hat, statistisch gesehen, jeder Mensch in Deutschland ebenfalls. In diesen drei Segmenten liegen dann auch die momentanen und bis auf weiteres künftigen Lieblingsangebote von Anlegern in geschlossenen Fonds.

Aber: "In Deutschland ist der Markt für Büro- und Gewerbeimmobilien problematisch, im Ausland bisweilen zu teuer", sagt Martin Witt. Hierzulande hat die Konjunkturflaute längst durchgeschlagen, was in den USA als Ausweichterrain aufgrund der hohen Nachfrage europäischer Investoren die Preise nach oben schießen ließ.

Bei Schiffsbeteiligungen hingegen scheint derzeit alles im Lot. Die Fonds gehen weg wie geschnitten Brot, die Charterraten sind auf Rekordniveau und versprechen Anlegern ansehnliche Ausschüttungen. Doch Container-Schiffe und auch Tanker unterliegen in der Regel einem Schweinezyklus, will heißen: "Spätestens ab dem Jahr 2007 dürften wir rückläufige Charterraten haben, was die Ertragssituation negativ beeinflusst", befürchtet FondsMedia-Geschäftsführer Kastell.

Rendite weitgehend steuerfrei

Zumindest steuerlich sind Dickschiffe weiter interessant, weil bei ab kommendem Jahr aufgelegten Fonds allein die Tonnage-Besteuerung gilt. Der Zugriff des Finanzamts ist minimal und gleichsam pauschaliert. Er orientiert sich nicht an der Ertragskraft einer Fondsbeteiligung, so dass Investoren ihre Rendite weitgehend steuerfrei einstreichen können.

Das gleiche gilt im Übrigen auch bei Immobilienbeteiligungen im Ausland. Anleger profitieren unter dem Stichwort "Steuervermeidung" von diversen Doppelbesteuerungsabkommen mit ausländischen Staaten. Deren wichtigster Aspekt ist, dass das jeweilige Investmentland die Steuerhoheit hat, Erträge im Heimatland des Investors lediglich dem so genannten Progressionsvorbehalt unterliegen, der die restlichen Einkünfte des Finanzamts mit einem höheren Steuersatz belegt. Folge: Anleger mit Spitzenbelastung streichen die Erträge ausländischer Fondsbeteiligungen brutto für netto ein.

Das Interesse an typischen Steuerspar-Beteiligungen, das sind hauptsächlich Windkraft- und Medienfonds, hat mittlerweile spürbar nachgelassen. Zunehmend erkennen Anleger offenbar, dass es bei einer Beteiligung nicht ausschließlich damit getan ist, das Finanzamt auszubremsen.

Flautejahre für Windkraft-Fonds

"Bis dato hat es noch kein Medienfonds geschafft, wirtschaftlich positive Ergebnisse abzuliefern", sagt dann auch Peter Kastell. Momentan müssten sie sich mit ihren Steuervorteilen begnügen. Hinzu kommt, dass die Finanzverwaltung mit ihrem so genannten Medienerlass die steuerlichen Zügel spürbar gestrafft hat.

Bei der Windkraft schließlich belasten gleich mehrere Faktoren: Die vergangenen - im wahrsten Wortsinn - Flautejahre, das Gerangel um die Novelle des "Erneuerbare-Energien-Gesetzes" zum Ende des Jahres 2003 sowie die jüngste Pleite des Fondsinitiators Umweltkontor.

Folge: Es kommen immer weniger Windpark-Beteiligungen auf den Markt, die laufenden Fonds werden nur noch mit Mühe oder aufgrund "besonderer Vertriebsanreize seitens der Initiatoren", so Kastell, platziert. Solche "Vertriebsanreize" sind es unter anderem, die die Renditechancen von Fondsinitiatoren verhageln.

© SZ vom 16.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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