Bestechungsaffäre um Sanofi-Aventis:Alte Arznei frisch in die Apotheke

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Mitarbeiter des Pharmariesen Sanofi-Aventis sollen jahrelang gegen Bestechungsgelder Medikamente verschoben haben, die sich dem Verfallsdatum näherten. Angeblich landeten sie nicht wie geplant als Hilfslieferung in Nordkorea, sondern in heimischen Apotheken - nun gab es eine Razzia, der Konzern stellte Strafanzeige.

Im Zusammenhang mit Arzneimittel-Hilfslieferungen nach Nordkorea haben Ermittler beim Pharmakonzern Sanofi-Aventis Geschäftsräume in Frankfurt und Berlin durchsucht. Das teilte das Unternehmen am Wochenende mit. Hintergrund ist demnach eine Strafanzeige, die Sanofi selbst vor einem Jahr gegen eine Partnerfirma gestellt hatte.

Hilfslieferungen sollten eigentlich nach Nordkorea gehen - doch sie landeten in deutschen Apotheken. (Foto: dpa)

Der Arzneimittel-Großhändler soll die von Sanofi zur Verfügung gestellten Medikamente nicht vollständig nach Nordkorea geliefert haben. Aventis und die später fusionierte Sanofi-Aventis hatten nach eigenen Angaben von 2004 bis 2010 über die Hilfsorganisation "Viva Westfalen hilft e.V." Arzneimittel in den kommunistischen Staat gebracht.

Wie eine Unternehmenssprecherin auf dapd-Anfrage sagte, handelte es sich um große Mengen unterschiedlicher Präparate. Der Wert der Lieferungen erreichte nach ihren Angaben insgesamt Millionenhöhe. Der Großhändler habe bei der logistischen Abwicklung der Lieferung geholfen. Einen Namen nannte die Sprecherin nicht. Mit dem Arzneimittel-Großhändler habe es einen für Hilfslieferungen zweckgebundenen Liefervertrag gegeben, hieß es in einer Unternehmensmitteilung.

Die Strafanzeige habe man am 27. Juli 2010 gestellt, "weil es einen begründeten Verdacht gab, dass Arzneimittel-Hilfslieferungen nicht vollständig in das Bestimmungsland Nordkorea geliefert wurden". Nach der Anzeige habe Sanofi die Geschäftsbeziehungen mit der Partnerfirma abgebrochen.

Der Spiegel hatte berichtet, dass die Staatsanwaltschaft Verden 17 Objekte in mehreren Bundesländern durchsucht hat, darunter die Deutschland-Zentrale des Pharmakonzerns Sanofi-Aventis sowie Wohnungen von Pharma-Managern. Die Ermittler gingen dem Verdacht nach, dass Mitarbeiter von Sanofi-Aventis über Jahre hinweg Medikamente, deren Verfallsdatum naht, mit Hilfe von Bestechungsgeldern abgegeben haben. Angeblich sollte die Ware über eine Hilfsorganisation nach Nordkorea geliefert werden, tatsächlich aber landete sie nach Informationen des Magazins über einen Großhändler in deutschen Apotheken.

Es soll sich um Ware mit eingeschränkter Haltbarkeit gehandelt haben, für die Sanofi-Aventis einen Rabatt von 20 bis 50 Prozent gewährte. Dies ist nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums aber grundsätzlich verboten. Gemäß Paragraf 78 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes müssen "pharmazeutische Unternehmer einen einheitlichen Abgabepreis sicherstellen".

Der deutsch-französische Konzern Sanofi-Aventis ist eines der größten Pharmaunternehmen weltweit und hat nach eigenen Angaben mehr als 105.000 Mitarbeiter in 110 Ländern. Der Hauptsitz in Deutschland ist Frankfurt am Main. Der deutsche Ableger erwirtschaftete nach eigenen Angaben in vergangenen Jahr 4,7 Milliarden Euro Umsatz.

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