Süddeutsche Zeitung

Bescheid wissen, Vorteile nutzen:Ganz legale Steuertricks

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Warten wird teuer. Denn wer die letzten Wochen des Jahres ungenutzt verstreichen lässt, verzichtet möglicherweise auf mehrere tausend Euro Steuerersparnis oder direkte Zuschüsse vom Staat.

Von Heinz-Josef Simons

(SZ vom 5.11.03) — Geschicktes Taktieren hingegen bringt finanzielle Vorteile und kann zudem die richtigen Weichen für das kommende Jahr stellen, wenn wohl die dritte Stufe der Steuerreform vorgezogen wird.

Wer seine Chancen nutzt, kann unter bestimmten Umständen sein Weihnachtsgeld weitgehend steuerfrei einstreichen. "Das kann tatsächlich funktionieren", sagt Steuerberater Lutz Koch aus Eschweiler bei Aachen.

Dazu muss der Steuerzahler bis spätestens 30. November seine sämtlichen steuersparenden Freibeträge fürs Jahr 2003, die er bislang noch nicht genutzt hat, in die Lohnsteuerkarte eintragen lassen.

Es bleibt viel übrig

Darunter fallen etwa die Entfernungspauschale oder Sonderausgaben für Unterhaltszahlungen. "Weil die Jahresfreibeträge dann nur noch in einem einzigen Monat, dem Dezember, wirken, bleibt netto vergleichsweise viel vom Bruttoeinkommen übrig", erläutert Berater Koch.

Vom Weihnachtsgeld nimmt der Fiskus dann oft kaum noch etwas weg. Allerdings müssen die erhöhten steuersparenden Ausgaben auf das Jahr gerechnet mindestens 600 Euro betragen, damit das Finanzamt mitspielt. Wer demnächst ins eigene Heim ziehen möchte, sollte sich sputen.

Die Neujahrsfalle

Denn möglicherweise wird ab dem kommenden Jahr die staatliche Förderung selbst genutzten Wohneigentums spürbar verringert. Zudem droht die so genannte Neujahrsfalle.

Die hohe Eigenheimzulage für Neubauten von 2556 Euro jährlich über einen Zeitraum von acht Jahren erhält garantiert nur, wer dieses Jahr noch einen Bauantrag stellt oder den Kaufvertrag unterzeichnet.

Dieses Problem haben künftige Eigenheimbesitzer, die momentan bauen, nicht. Dafür aber ein anderes. Wird die selbst genutzte Immobilie noch in diesem Jahr fertig, sollte auch der Einzug bis spätestens Silvester bewältigt sein. Falls nicht, verzichtet der Eigentümer auf ein Jahr staatliche Zulage.

Weniger Förderung für Bausparer

Wer in diese Neujahrsfalle tappt, erhält für seine neue Immobilie 2556 Euro weniger, für ein gebrauchtes Objekt 1278 Euro weniger. Weniger staatliche Förderung gibt es wohl ab dem kommenden Jahr auch für Bausparer, weil die Wohnungsbauprämie entfallen soll.

Wer noch vor Neujahr einen Bausparvertrag abschließt, kann sich die Finanzspritze vom Amt sichern, allerdings nur wenn das Nettojahreseinkommen von 25600 Euro bei Singles und von 51200 bei Verheirateten nicht überschritten wird.

Prämienanspruch ab 16

Gefördert werden jährliche Sparraten von höchsten 512 Euro mit zehn Prozent Prämie, umgerechnet 51,20 Euro. Anspruch auf Wohnungsbauprämie haben auch nicht berufstätige Ehepartner und Kinder ab 16 Jahren. Der Staat fördert die Vermögensbildung auch über die Arbeitnehmersparzulage.

Diesen Zuschuss erhalten Arbeitnehmer, die ihre "vermögenswirksamen Leistungen" (VL) vom Chef in bestimmte Anlageformen investieren. Werden die einschlägigen Netto-Einkommensgrenzen - 17900 Euro bei Singles und 35800 Euro bei Ehepaaren - eingehalten, beträgt der Zuschuss vom Staat maximal 48 Euro bei Bausparverträgen und 81,60 Euro beim Sparen in Aktienfonds.

Deutlich schärfere Kontrollen

Noch bis Ende 2004 bekommen Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern hier sogar 102 Euro im Jahr. Fällt in diesen Tagen auf, dass die Sparzulage für das Jahr 2001 noch nicht beantragt wurde, kann dies noch bis einschließlich Silvester nachgeholt werden.

Wohl auch künftig wird es die Besteuerung von Spekulationsgewinnen geben. Allerdings mit deutlich schärferen Kontrollmechanismen. Für steuerehrliche Anleger kein Problem. Zumal sie bis zum Jahresende noch ausreichend Zeit und genug Chancen haben, ihre Investments steuerlich zu optimieren.

Wertpapierstrategien

Die Strategie: Das eigene Depot wird daraufhin überprüft, ob sich darin noch verlustträchtige Wertpapiere, in der Hauptsache Aktien, befinden. Wurden die vor weniger als zwölf Monaten erworben und besteht kaum Aussicht, dass sich die Börsenkurse während eines erträglichen Zeitraums erholen, ist ein Verkauf oft sinnvoll.

Begründung: "Die während der zwölfmonatigen Spekulationsfrist realisierten Kursverluste dürfen mit Spekulationsgewinnen steuersparend verrechnet werden", sagt der Kölner Rechtsanwalt Günter Reinert. Sind die Verluste in diesem Jahr höher als die Spekulationsgewinne, ist das kein Beinbruch.

Denn die roten Zahlen dürfen in das vorangegangene Kalenderjahr 2002 zurück- und unbegrenzt in die Zukunft vorgetragen werden und können dadurch Steuern sparen.

Verluste geltend machen

Durch die Wahl der passenden Investments noch vor dem Jahreswechsel können sich Steuerzahler auch diverse staatliche Finanzhilfen sichern.

Es genügt schon der Kauf erstklassiger Festverzinslicher Wertpapiere wie Staatsanleihen in den letzten Wochen vor dem Jahreswechsel.

Vorteilhaft ist hier der legale "Stückzins-Trick". Hintergrund: Börsennotierte Anleihen sammeln mit der Zeit Stückzinsen an. Die sind vergleichsweise hoch kurz vor dem nächsten Ausschüttungstermin.

Der Käufer einer Anleihe muss diese zeitanteiligen Zinsen neben dem Börsenkurs dem Verkäufer des Papiers zahlen, darf im Gegenzug aber die Stückzinsen als "negative Einkünfte aus Kapitalvermögen" steuersparend geltend machen.

Der praktische Nutzen der genannten Möglichkeiten: Dadurch kann das eigene Einkommen im laufenden Jahr spürbar gedrückt werden. Davon können beispielsweise Bauherren profitieren, die die bei der Eigenheimzulage geltenden Einkommensgrenzen geringfügig überschreiten.

Anspruch bis zum 27. Lebensjahr

Auch die Eltern volljähriger Kinder können profitieren. Denn Anspruch auf staatliches Kindergeld oder den steuersparenden Freibetrag besteht bis zum vollendeten 27. Lebensjahres des Nachwuchses, sofern dieser sich noch in der Ausbildung befindet und daheim bei den Eltern lebt.

Allerdings darf Sohn oder Tochter kein zu hohes eigenes Einkommen haben. Hat der Nachwuchs seit Januar etwa durch Aushilfsjobs zu viel verdient und steht deshalb das Kindergeld auf dem Spiel, kann durch den Kauf von Anleihen mit hohem Stückzins-Anteil die staatliche Finanzhilfe an die Eltern gesichert werden.

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