Fernsehen:RTL will nichts mehr von Pro Sieben Sat 1 wissen

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RTL und der Nachrichtensender n-tv gehören auch zum Bertelsmann-Konzern. (Foto: Imago/Michael Gstettenbauer)

Ein Zusammengehen der beiden Privatsender ist vorerst kein Thema mehr. "Wenn man viel tut, geht auch mal was schief", meint Konzernchef Thomas Rabe zu den Problemen.

Von Caspar Busse

Thomas Rabe, Chef des Gütersloher Medienunternehmens Bertelsmann, sieht den Konzern trotz mehrerer gescheiterter wichtiger Projekte im vergangenen Jahr auf Kurs. "Wenn man viel tut, geht auch mal was schief", sagte Rabe der SZ. Die guten Zahlen für 2022 und die Aussichten für 2023 zeigten aber, dass auch einiges richtig gemacht werde. Der Umsatz von Bertelsmann verbesserte sich vergangenes Jahr um acht Prozent auf mehr als 20 Milliarden Euro, der operative Gewinn lag bei 3,2 Milliarden Euro. Das teilte Rabe am Donnerstag mit. Der Konzern ist weltweit unter anderem im Fernseh-, Musik-, Buch- und Dienstleistungsgeschäft aktiv und gehört zu den größten Medienunternehmen in Europa.

Rabe hatte sowohl in Frankreich als auch in den Niederlanden die dortigen RTL-Gesellschaften mit Wettbewerbern fusionieren wollen, um dort sogenannte nationale Champions zu schaffen. Damit wollte er den großen Streaminganbietern wie Netflix, Amazon Prime, Disney Plus und anderen Konkurrenz machen, so zumindest der Plan. Doch die Vorhaben scheiterten am Widerstand der jeweiligen Kartellbehörden - wie auch die geplante Zwei-Milliarden-Dollar-Übernahme des amerikanischen Buchverlags Simon & Schuster. "Es waren exzellente Deals, die an den Wettbewerbsbehörden gescheitert sind", sagte Rabe.

An einer Übernahme von Pro Sieben Sat 1 zu denken, sei "tollkühn"

Rabe wollte auch in Deutschland einen solchen Champion schaffe, und fusionierte zunächst die Bertelsmann-Fernsehtochter RTL mit dem Verlagshaus Gruner und Jahr ( Stern, Brigitte). Dann machte er auch dem Konkurrenten Pro Sieben Sat 1 Avancen. Angesichts der strikten Haltung der Wettbewerbsbehörden sei das aber vorerst kein Thema mehr. "Vor diesem Hintergrund weiter an eine Übernahme von Pro Sieben Sat 1 zu denken, wäre tollkühn", sagte Rabe.

Auch der neue Chef der Münchner Konkurrenz, Bert Habets, ein früherer RTL-Manager, hatte sich in dieser Richtung geäußert und das abgelehnt. Rabe meinte aber: "Eine Konsolidierung auf dem TV-Markt ist nach wie vor zwingend erforderlich. Wir werden das wieder angehen, aber nicht in den nächsten zwei bis drei Jahren." Was genau er dabei vorhat, ließ er offen. RTL und Pro Sieben Sat 1 sind die beiden mit Abstand größten privaten Fernsehunternehmen in Deutschland. Daneben gibt es noch die öffentlich-rechtlichen Sender.

Thomas Rabe ist Chef des Medienunternehmens Bertelsmann - und hat auch sonst viel zu tun, (Foto: IMAGO/IPON)

Man sei bereit zu Kooperationen, etwa bei Werbevermarktung und Streaming, so Rabe weiter. Pro Sieben Sat 1 setzt auf die eigene Plattform Joyn und hatte zuletzt RTL dazu eingeladen. Die Kölner verfolgen aber mit RTL plus ein eigenes Angebot. Das habe nun mehr als vier Millionen Abonnenten und sei hinter Netflix und Amazon Prime bereits die Nummer drei auf dem deutschen Markt, betonte Rabe. Die Zahl soll in den kommenden Jahren verdoppelt, das Angebot von RTL Plus weiter ausgebaut werden. Der Bertelsmann-Chef, der auch RTL führt, sagte, er sei zu Gesprächen bereit: "Eine vertiefte Zusammenarbeit mit anderen Sendern und Streaming-Anbietern ist möglich." Allgemein gilt es aber als unwahrscheinlich, dass künftig RTL-Angebote auch bei Joyn zu sehen sind.

Viel Kritik gab es zuletzt auch an dem Zusammengehen von Gruner + Jahr mit RTL und den von Rabe verkündeten massiven Abbaupläne. So sollen rund 700 der 1900 Stellen wegfallen, ein Sozialplan sei unterschrieben, heißt es. Gleichzeitig sollen zehn Prozent der Zeitschriften geschlossen und 20 Prozent verkauft werden. "Es gibt reges Interesse an den zum Verkauf stehenden Titel von Gruner + Jahr", sagt Rabe.

Die eingegangenen Angebote würden nun gesichtet und bewertet. "Wir wollen den Verkaufsprozess bis Sommer abschließen", so der Bertelsmann-Chef. RTL will sich auf Kernmarken wie Stern oder Geo konzentrieren und dort ins Digitale investieren. RTL erhoffte sich bislang Synergien beider Häuser. Insgesamt hat Bertelsmann über alle Bereiche 165 000 Mitarbeiter. 2022 wurden damit in Summe 20 000 neue Stellen geschaffen, sagte Rabe.

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