Bernard Tapie:Unschuldig

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Der frühere Adidas-Eigner sowie der Chef von Frankreichs größtem Telekomkonzern Orange, Stéphane Richard, entgehen dem Gefängnis - wenn es keine Berufung gibt.

Von Leo Klimm, Paris

"Das ist meine schönste Chemotherapie." So lautet der humorvolle Kommentar, mit dem der krebskranke Bernard Tapie am Dienstag vom Krankenbett aus auf das Urteil in einem spektakulären Pariser Prozess reagierte. Der Geschäftsmann und französische Ex-Minister wurde in der sogenannten Adidas-Affäre vom Verdacht des "organisierten Bandenbetrugs und der Unterschlagung" freigesprochen. Auch der Chef von Frankreichs größtem Telekomkonzern Orange, Stéphane Richard, sowie die vier weiteren Angeklagten erhielten einen Freispruch. Die Richter konnten bei allen Beteiligten keine betrügerische Absicht erkennen. Die Staatsanwaltschaft hatte für die prominenten Angeklagten Tapie und Richard dagegen mehrjährige Haftstrafen beantragt.

2016 war Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), in einem separaten Verfahren zum selben Fall für schuldig befunden worden; sie habe sich in ihrer Zeit als französische Finanzministerin der Fahrlässigkeit schuldig gemacht. Allerdings verhängte das Gericht damals keine Strafe gegen sie, was ihr den Verbleib an der IWF-Spitze ermöglichte - und damit auch ihre jüngst beschlossene Berufung zur Präsidentin der Europäischen Zentralbank. Lagarde wiederum hatte in dem Verfahren Richard, ihren einstigen Büroleiter im Ministerium, schwer belastet.

Tapie soll Geld erstatten. Kann er aber nicht: Er hat Privatinsolvenz angemeldet

In der wendungsreichen Adidas-Affäre geht es um die Frage, ob Tapie im Jahr 2008 - also zu Lagardes Zeit als Finanzministerin - durch Betrug 404 Millionen Euro vom französischen Staat erhalten hat. Ein privates Schiedsgericht hatte ihm diese Summe auf Steuerzahlerkosten zugesprochen, weil er selbst angeblich von einer Staatsbank betrogen worden war. Tapie war Anfang der Neunzigerjahre Eigentümer des deutschen Sportartikelherstellers - bis er ihn von der Staatsbank verkaufen ließ. Der strittige Schiedsspruch, dank dem Tapie 404 Millionen Euro einstrich, wurde in der Zwischenzeit aufgehoben. Tapie soll dem Staat das Geld zuzüglich Zinsen erstatten. Er kann das aber nicht: Er hat Privatinsolvenz angemeldet.

Orange-Chef Richard, 57, rettet der Freispruch vom Dienstag die Karriere. Ihm war vorgeworfen worden, sich 2008 als Mitarbeiter Lagardes massiv für Tapies Interessen eingesetzt zu haben. Für den Fall einer Verurteilung hatte Frankreichs Regierung die Absetzung Richards angekündigt. Der Staat ist der Hauptaktionär von Orange. "Es ist eine riesige Erleichterung, dass meine Unschuld vollkommen vom Gericht anerkannt wird", sagte Richard nach der Urteilsverkündung. Die Staatsanwaltschaft hat noch nicht entschieden, ob sie Berufung einlegt.

© SZ vom 10.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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