Berlin (dpa/bb) - Der CDU-Politiker Sepp Müller zweifelt an den Plänen der Bundesregierung, die Lieferung russischen Öls an die PCK-Raffinerie in Schwedt zu kappen. Es sei fraglich, ob dies durchsetzbar sei, sagte der Ostbeauftragte und Vizechef der Unions-Bundestagsfraktion der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
„Wir lassen derzeit juristisch prüfen, ob die Protokollnotiz der Bundesregierung, auch den Import von russischem Pipeline-Öl zu stoppen, rechtlich verbindlich ist“, sagte Müller. „Aus meiner Sicht gilt dies nur für den Beschluss des Europäischen Rats, kein russisches Tankeröl mehr zu importieren.“
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten beschlossen, die Einfuhr russischen Öls per Tanker zu beenden. Der Import über die Leitung „Druschba“ bleibt auf Druck Ungarns grundsätzlich erlaubt. Deutschland hatte aber zusammen mit Polen in der besagten Protokollnotiz bestätigt, bis Jahresende auch auf russisches Öl aus der „Druschba“ zu verzichten - obwohl die Raffinerie in Schwedt bisher davon abhängig ist.
Müller sagte, die Bundesregierung wolle freiwillig über den EU-Beschluss hinausgehen. „Aber eine Absichtserklärung per Protokollnotiz wäre im Zweifel keine ausreichende Grundlage, um zum Beispiel die PCK-Raffinerie in Schwedt zu verstaatlichen. Sollte der russische Betreiber Rosneft sich entscheiden, über das Jahresende hinaus russisches Öl aus der 'Druschba'-Pipeline zu verarbeiten, wie sollte ihn die Bundesregierung daran hindern?“
Über die „Druschba“ werden bisher die ostdeutschen Raffinerien in Schwedt und Leuna beliefert. Der Betreiber von Leuna sucht sich bereits andere Lieferanten. Der russische Staatskonzern Rosneft hat nach Angaben der Bundesregierung für Schwedt aber kein Interesse an der Abkehr von russischem Öl. Wie es für PCK weiter geht, ist ungeklärt.
Müller hatte in einem Gastbeitrag für die „Zeit“ vorgeschlagen, dass ein Teil der Raffinerie in die Hände der Mitarbeiter kommt. „Ich meine, es ist jetzt endlich Zeit, die Arbeiter am Produktivkapital zu beteiligen“, schrieb der CDU-Abgeordnete aus Wittenberg (Sachsen-Anhalt). Mindestens 50 Prozent des Unternehmens sollten den Beschäftigten übertragen werden.
© dpa-infocom, dpa:220602-99-516358/2