Berlin (dpa) - Der Wohnungsmarkt darf nach Ansicht von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nicht allein den Regeln von Angebot und Nachfrage überlassen werden. „Wenn wir den Markt rein kapitalistischen oder neoliberalen Regeln überlassen, nach denen im Prinzip immer der Stärkere gewinnt, entspricht das nicht meiner Auffassung von sozialer Marktwirtschaft“, sagte der auch für den Bereich Wohnen zuständige CSU-Politiker der „Welt am Sonntag“. Man müsse „auch jene unterstützen, die aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse geringere Chancen haben“, sagte Seehofer.
Der Minister sprach er sich für eine Änderung des sogenannten Wuchermietparagrafen aus. Durch die Änderung sollen deutlich zu hohe Mieten gesenkt werden, ohne dass der Mieter eine Zwangslage nachweisen muss. Zudem befürworte er eine stärkere Einschränkung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Eine Gesetzesänderung sollte aber nicht verhindern, dass Mieter einer Wohnung die Chance bekommen, diese selbst zu kaufen - „das wollen nämlich gar nicht so wenige“, sagte Seehofer.
Einen Mietendeckel lehnt der CSU-Politiker aber weiterhin ab. „Der Berliner Mietendeckel ist aus unserer Sicht verfassungswidrig und schießt weit über das Ziel hinaus“, bekräftigte er seine Kritik. Der Mietendeckel verhindere Investitionen in Bestandswohnungen und Neubauten.
Berlin führt als erstes Bundesland einen Mietendeckel ein. Das Abgeordnetenhaus beschloss das Gesetz am Donnerstag mit seiner rot-rot-grünen Mehrheit gegen die Stimmen der Opposition. Mit dem Gesetz sollen die Mieten in der Hauptstadt für fünf Jahre nicht steigen dürfen.
Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert sieht in dem Berliner Gesetz ein Signal von bundesweiter Bedeutung. Die Politik verschaffe sich damit Kontrolle über einen aus dem Ruder gelaufenen Markt, teilte der SPD-Politiker am Samstag mit. „Rot-Rot-Grün stellt klar, dass Wohnen keine Ware ist, sondern Teil der Daseinsvorsorge.“ Mit dem Gesetz würden Mieter geschützt, die immer mehr zum Spielball schier grenzenloser Renditeerwartungen geworden seien.
„Explodierende Mieten treffen nahezu alle Bevölkerungsgruppen und verändern die bunte Mischung in unseren Städten zum schlechteren“, meinte Kühnert. Doch weder Neubau, Mietendeckel oder Milieuschutz allein könnten die Probleme lösen. Entscheidend sei der Mix sowie ein ausreichendes Wohnraumangebot auch für kleine und mittlere Einkommen. Kein Neubau bedeute in Städten wie Berlin, dass die Ärmsten weiter verdrängt würden, so Kühnert.
Auf einer Internetseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen sind jetzt unter mietendeckel.berlin.de Fragen und Antworten rund um das Gesetz abrufbar, das voraussichtlich Ende Februar in Kraft tritt. Die Website soll laut Angaben der Verwaltung bei Bedarf aktualisiert und nach dem Inkrafttreten des Mietendeckels erweitert werden. Dann soll es auch Musterbriefe, Formulare und Flugblätter etwa für bezirkliche Mieterberatungen geben.
Angekündigt wurde außerdem ein Infotelefon für Menschen, die Fragen zu dem umstrittenen Gesetz haben. Eine zentrale Beratungsstelle in der Senatsverwaltung soll es dagegen nicht geben.