Süddeutsche Zeitung

Berlin:Lindner baut um

Mit neuen Personalien will der Finanzminister sein Haus offenbar auf seine Lieblingsprojekte vorbereiten.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Als Christian Linder am 9. Dezember 2021 seine Antrittsrede im Finanzministerium hielt, sagte er der Belegschaft, er wolle das Haus als eines führen, bei dem "Loyalität, persönliche Eignung und Hingabe an das Amt" zählten - nicht "parteipolitischer Hintergrund". Wer ein Verständnis von liberaler Wirtschaft und Gesellschaft habe, sei ihm "persönlich sympathisch". Aber im Haus zählten die Grundsätze des Berufsbeamtentums und des öffentlichen Dienstes.

Nun aber will Lindner seinen politischen Willen offenbar stärker ins Haus tragen und nimmt deshalb einen größeren Personalumbau vor. In der Mitteilung an sein Haus, die er Süddeutschen Zeitung vorliegt, schreibt er, er wolle "die Aufstellung des BMF stärker auf unsere politischen Vorhaben fokussieren und der Organisation eine langfristige strategische Perspektive geben". Übersetzt heißt das: Lindner will Spitzenbeamte, die seine Lieblingsprojekte mit hinreichend Enthusiasmus vorantreiben.

Zunächst hatte der FDP-Chef sich in Sachen Personal eher zurückgehalten. Er ernannte zwei neue Parlamentarische Staatssekretäre; diese Posten gehen immer an Parlamentarier der eigenen Partei. Bei den beamtete Staatssekretären behielt er den Sozialdemokraten und langjährigen Haushälter Werner Gatzer; die drei anderen Posten besetzte er neu - allerdings waren zwei der bisherigen Staatssekretäre ohnehin mit Olaf Scholz ins Kanzleramt gewechselt. Von den drei Neuen wiederum war nur einer ein dezidierter FDP-Mann. Jetzt aber müssen drei Abteilungsleiter gehen, und ein vierter verliert seinen Posten, weil die Abteilung IV, zuständig für die IT, in eine andere integriert wird.

Interessant ist die Neubesetzung an der Spitze der Abteilung III, die für Zoll, Umsatzsteuer und Verbrauchsteuern zuständig ist - und damit auch für die Geldwäschebekämpfung. Zuletzt hatte es Wirbel gegeben um die "Financial Intelligence Unit" (FIU), die Anti-Geldwäsche-Zentralstelle des Zolls. Lindner hatte FIU-Chef Christof Schulte von seinen Aufgaben entbunden; zuvor hatte dieser einräumen müssen, dass rund 100 000 Verdachtsmeldungen unbearbeitet geblieben waren.

Aus Ministeriumskreisen heißt es, "ein frischer Blick" auf diesen Bereich sei sinnvoll. Dafür soll nun ein Fachmann sorgen: Armin Rolfink, der seit 2016 bei der Generalzolldirektion arbeitet, zuletzt als Vizepräsident. Zu dessen Aufgaben wird es nun auch gehören, auf Lindners Wunsch hin aus der FIU eine neue Bundesoberbehörde zu machen.

Personalie Nummer zwei betrifft die Steuerabteilung. Dass Lindner steuerpolitische Pläne hegt, ist bekannt. Dass seine Ideen SPD und Grünen wenig behagen dürften, auch. Vorantreiben soll diese Ideen jetzt Nils Weith. Er kommt aus dem Wirtschaftsministerium, wo er seit 2013 Referatsleiter war; erst in der Außenwirtschafts-, dann in der Grundsatzabteilung. Der Sprung vom Referats- zum Abteilungsleiter ist ein ziemlich großer. Allerdings ist zu hören, dass Lindner Weith schon viele Jahre kenne. Unter anderem hat er ein paar Jahre für die FDP- Bundestagsfraktion gearbeitet.

Der dritte neue Spitzenbeamte ist Oliver Lamprecht, er übernimmt die Zentralabteilung. Die "Z" ist zuständig für die Organisation des Hauses und daher wichtig für jeden Minister. Auch Lamprecht kommt aus dem Wirtschaftsministerium, wo er mehr als zehn Jahre lang Unterabteilungsleiter in der dortigen Zentralabteilung war. Und: Er stehe "liberalem Gedankengut" durchaus nahe, hieß es aus Ministeriumskreisen.

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