Wohnen:Der Berliner Aufruf zu Mieterhöhungen ist maßlos

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(Foto: Pavel Nekoranec/Unsplash)

Damit motiviert der Eigentümerverband seine Mitglieder, die Wohnungsnot zu verstärken. Das schadet dem sozialen Frieden - und fairen Vermietern.

Kommentar von Andreas Remien

Auf der Internetseite des Eigentümerverbandes Haus & Grund Berlin läuft ein Countdown. Die Minuten und Sekunden laufen herunter wie in den nächtlichen Verkaufssendungen der Teleshopping-Sender: Schlagen Sie schnell zu, so die Botschaft, danach ist nichts mehr zu holen. So ruft der Verband seine Mitglieder dazu auf, vor der möglichen Einführung eines Deckels noch schnell die Mieten zu erhöhen. Beim Verkauf eines Staubsaugers mag so ein Gebaren unseriös, aber noch hinnehmbar sein. Wenn es um das Thema Wohnen und damit ein Grundbedürfnis geht, ist es unerträglich.

Ob in Berlin, München, Hamburg oder Frankfurt: Viele Menschen mit niedrigen und übrigens auch mittleren Einkommen leiden unter der Wohnungsnot. Der Eigentümerverband motiviert seine Mitglieder nun dazu, diese Not zu vergrößern. Das ist empörend. Vor allem für die vielen Menschen, die einen immer größeren Anteil ihres Einkommens für die Miete aufbringen müssen oder für sich und ihre Familie erst gar keine bezahlbare Wohnung finden.

Schädlich ist der Aufruf aber auch für den sozialen Frieden, weil er bei vielen Menschen das ungute Gefühl bestärkt, dass sich die Wohlhabenden auf Kosten der sozial Schwächeren weiter bereichern. Nicht durch eigenes Zutun, sondern vor allem durch die Niedrigzinspolitik konnten Vermieter den Wert ihrer Häuser und die Mieteinnahmen in den vergangenen Jahren mancherorts mehr als verdoppeln. Vor allem in Berlin, wo der Immobilienmarkt besonders heiß läuft, ist die Aufforderung des Eigentümerverbandes daher auf groteske Weise maßlos.

Ein Mietendeckel allein ist nicht die Lösung

Natürlich ist der Mietendeckel nicht geeignet, die Probleme auf den Wohnungsmärkten zu lösen. Dazu braucht es viele Instrumente, allen voran eine Politik, die schnell und günstig Grundstücke mobilisieren kann, Bauen einfacher macht und ländliche Räume fördert. Ein Gesetz, das alle Mieten pauschal einfriert, hätte außerdem eine Menge Nebenwirkungen. Eigentümer könnten zum Beispiel die Lust daran verlieren, ihre Häuser energetisch zu modernisieren.

Außerdem wären auch jene Vermieter betroffen, die bisher die Mieten nicht bis zum Letzten ausgereizt haben. Gerade bei den kleinen Eigentümern, die der Verband Haus & Grund vertritt, gibt es sie noch: sozial eingestellte Vermieter, die nicht nur auf ihre Einnahmen, sondern auch auf ihre Mieter achten. Auch diesen hat der Verband mit seinem geschmacklosen Appell einen Bärendienst erwiesen. Wer so unersättlich und ohne jedes Gefühl für die Nöte anderer seine Interessen vertritt, muss sich nicht wundern, wenn die Menschen das Vertrauen in die Märkte verlieren - und die Politik über Enteignungen und Mietendeckel nachdenkt.

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Christian Völkers

SZ PlusImmobilienmakler Christian Völkers
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