Bericht der Bundesbank:Das neue Tief heißt Inflation

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Trügerische Hoffnung: Der weltwirtschaftliche Sturm im Zuge der Kreditkrise schien abgeflaut - doch er hat bloß die Richtung geändert.

Die Bundesbank sieht einen neuen Preisschub auf die Verbraucher zukommen. In den nächsten Monaten dürften die Kosten für die Lebenshaltung "wieder deutlich steigen", hieß es im Monatsbericht der Notenbank. Sollten außerdem die Löhne weiter anziehen, droht Deutschland eine Lohn-Preis-Spirale, die zuletzt in den 1970er Jahren die Weltwirtschaft lähmte und nach Ansicht des Präsidents der europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, für die Massenarbeitslosigkeit in Europa verantwortlich ist. Kurzsichtige Lohnpolitik habe damals "ein hohes Inflationsniveau auf lange Zeit zementiert" und so zu hohen Arbeitslosenzahlen Europa geführt.

Gefahr für die Wirtschaft: Wenn die Preise weiter steigen, droht langfristige Instabilität. (Foto: Foto: afp)

Anderswo zeigt sich derweil Entspannung: Die Auswirkungen der Kreditkrise auf die deutschen Unternehmen sind offensichtlich deutlich geringer, als zwischenzeitlich angenommen. Einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts zufolge stellen die Banken den Unternehmen trotz der weltweiten Finanzmarktkrise immer noch genügend Kredite für Investitionen oder andere Ausgaben zur Verfügung.

Gefährliche Lohnrunde

82 Prozent der insgesamt 2700 befragten Unternehmenberichte berichteten ungeachtet der Turbulenzen von unveränderten Finanzierungsmöglichkeiten, teilte das Institut mit. "Einer Kreditklemme sehen sich die Unternehmen daher nicht ausgesetzt." Nur rund acht Prozent der Unternehmen gaben an, dass sich die Finanzierungsbedingungen durch die Probleme an den Finanzmärkten bereits verschlechtert hätten.

In Bezug auf die weitere Entwicklung der Inflation sieht die Bundesbank erst gegen Ende des Jahres die Möglichkeit zur Trendumkehr. "Erst zum Spätherbst ist mit einem stärkeren Rückgang zu rechnen, wenn nicht neue Belastungen hinzukommen", heißt es in dem Bericht. Im April war die Teuerungsrate auf 2,4 Prozent gesunken, nachdem im März mit 3,1 Prozent der zweithöchste Wert seit 1994 erreicht worden war. Mit Sorge beobachtet die Bundesbank auch die steigenden Löhne und Gehälter. Die Tarifverdienste seien in den ersten drei Monaten um durchschnittlich 2,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Der Zuwachs sei damit doppelt so stark ausgefallen wie im vierten Quartal 2007. Das lasse kaum mehr positive Impulse für die Beschäftigung erwarten. "Und aus stabilitätspolitischer Sicht ist die Lohnrunde 2008 nicht frei von Risiken", schrieb die Bundesbank. Sie befürchtet, dass die Unternehmen die höheren Lohnkosten auf die Endverbraucher abwälzen. Die Teuerung könnte dann zusätzlich angeheizt werden und sich verfestigen.

Exporte sollen sinken

Bundesbankchef Axel Weber schließt wegen der hohen Teuerung auch Leitzinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) nicht aus. "Ich habe immer betont, dass wir angesichts des derzeit sehr kräftigen Preisauftriebs die Option einer Leitzinserhöhung nicht aus den Augen verlieren dürfen", sagte das EZB-Ratsmitglied. "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben."

Die Bundesbank erwartet, dass sich das geringe weltwirtschaftliche Wachstum in der Zukunft stärker auf Deutschland auswirken werde. Dies signalisiere der zuletzt gesunkenen ifo-Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft. Die Belastungsfaktoren im internationalen Umfeld dürften sich zudem in verhalteneren Exportzuwächsen bemerkbar machen. Die Gefahr einer zuletzt lebhaften Investionskonjunktur bei Ausrüstungen könnte "weniger dynamisch" verlaufen.

Positive Wirkungen spricht die Bundesbank dem hohen Ölpreis zu. So dürften die Ölförderländer die von den hohen Energiepreise durch Importe aus Deutschland weiter der deutschen Wirtschaft Impulse geben. Zudem sollte die deutsche Wirtschaft von der weltweiten Nachfrage nach energieeffizienter und umweltschonender Technologie profitieren.

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