Berenberg-Bank:Der Bankenpräsident schweigt und schweigt

Berenberg-Bank: Die Berenberg-Bank in Hamburg. Bei der Schweizer Tochter ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Mittlerweile sollen die Geschäfte sauber sein.

Die Berenberg-Bank in Hamburg. Bei der Schweizer Tochter ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Mittlerweile sollen die Geschäfte sauber sein.

(Foto: Daniel Pilar/laif)

Die Schweizer Tochter der Berenberg-Bank führte jahrelang Schwarzgeldkonten. Der Chef der Hamburger Bank ist ausgerechnet der Chef des Bankenverbandes - und will mit allem scheinbar nichts zu tun haben.

Von Hans Leyendecker und Klaus Ott

Als Hans-Walter Peters, der Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter der Hamburger Privatbank Berenberg, vor gut einem Jahr Präsident des Bankenverbandes wurde, rollte gerade die Affäre um die Panama Papers an, und die Börsen-Zeitung stellte dem neuen Repräsentanten der deutschen Finanzbranche dazu ein paar Fragen. Peters erklärte das Wesen und den Zustand von OffshoreGesellschaften. Er redete über höhere Sorgfaltspflichten. Er betonte, es bleibe abzuwarten, ob es konkrete Fehler gegeben habe und ob sich Vorwürfe erhärten würden.

Die Interviewer merkten an, die ganze Geschichte erscheine, soweit es die deutschen Banken betreffe, "ziemlich aufgeblasen, wenn nicht sogar konstruiert". Peters antwortete: "Das ist Ihre Analyse. Klar ist: Wenn es irgendwo Fehler gegeben hat, dann muss das aufgearbeitet werden, und Gesetzesverstöße müssen natürlich geahndet werden."

Es hat sogenannte Fehler bei etlichen Geldhäusern gegeben. Viele von ihnen sind schon belangt worden, und inzwischen hat es auch die Schweizer Tochterbank von Berenberg getroffen. Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelte gegen Mitarbeiter der Tochterbank wegen Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Am Ende war Berenberg Schweiz mit einem Bußgeld von knapp vier Millionen Euro einverstanden, und die Strafverfolger sowie das zuständige Gericht in Köln waren es auch. Im ersten Halbjahr wurde das Verfahren abgeschlossen, der Bußgeldbescheid ist bezahlt und rechtskräftig.

Die Ermittlungen hatten ergeben, dass zahlreiche deutsche Steuerpflichtige bis 2015 bei Berenberg Schweiz Vermögen angelegt und dem Fiskus verschwiegen hätten. Die Kunden hätten die Dienste der Bank genutzt, um Kapital anonym zu deponieren; also vor dem Fiskus zu verstecken. Die berüchtigte panamaische Anwaltskanzlei Mossack Fonseca (Mossfon), ein Lieferant von Briefkastenfirmen, sei auch verwickelt. Berenberg Schweiz habe Konten für Firmen von Mossfon-Kunden zur Verfügung gestellt. Solche Offshore-Gesellschaften dienten wohl als Geldversteck.

Peters äußert sich häufig - aber ein Thema lässt er aus

Nun ist heutzutage jede einstellige Millionenbuße für Banken eher ein Klacks. Berenberg Schweiz ist bei Weitem nicht der größte Fall, dem die Ermittler nachgingen oder noch nachgehen. Auch ist das Geldhaus mit Sitz in Zürich und Genf eine eigenständige Aktiengesellschaft, aber es ist eben eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG Hamburg. Das ist Deutschlands älteste Privatbank. 1590 gegründet. Sehr renommiert. Beste Lage an der Binnenalster. Ungewöhnlich erfolgreich.

In dem einen Jahr nach dem denkwürdigen Interview mit der Börsen-Zeitung hat sich Peters als Präsident des Bankenverbandes, dem rund 200 Geldhäuser angehören, zu vielen wichtigen Angelegenheiten geäußert. Über Kapitalbasis, Ertragslage, Belastungen, Regulierungen, und er hat sich auch als Seher erwiesen: Vor dem Brexit erklärte er, der Brexit drohe wirklich. Das hatten nicht viele erkannt. Aber über Themen wie systematische Beihilfe von Geldinstituten zur Steuerhinterziehung oder den Skandal Cum-Ex, der den Staat viele Milliarden Euro gekostet hat, ist vom Bankenverband und seinem 16. Präsidenten nichts Wesentliches zu hören.

Es scheint, als wolle jeder irgendwie durchkommen

Gegen Beschäftigte oder Mitarbeiter von rund fünfzig Geldhäusern wird oder wurde zuletzt in Deutschland ermittelt, doch offiziell herrscht großes Schweigen. Das erweckt den Eindruck, jeder wolle irgendwie durchkommen. Wer sich die Liste der Präsidenten des Bundesverbandes Deutscher Banken anschaut, findet viele namhafte Personen. Darunter freilich auch etliche, deren Banken lange und oft Geschäfte zu Lasten der Gesellschaft gemacht oder unterstützt haben.

Für Peters, einen gebildeten Mann, der durchaus eine Vorstellung von Moral und Verantwortung hat, könnte das alles Stoff für grundsätzliche Äußerungen zur Lage seines Standes sein; für eine Art Weckruf. Auch aus eigenen Erkenntnissen bei Berenberg. Die Geschäfte der 1988 in das Handelsregister eingetragenen Tochterbank in der Schweiz bieten dafür reichlich Stoff. Mitte des vergangenen Jahrzehnts, das soll eine Anwaltskanzlei im Verlauf der Untersuchungen festgestellt haben, hatten deutsche Steuerbürger bei Berenberg Schweiz bis zu 240 Millionen Euro mutmaßliches Schwarzgeld angelegt. Kapital jedenfalls, bei dem unklar war, ob die Erträge versteuert wurden oder nicht. Das war ein nicht unerheblicher Teil dessen, was deutsche Kunden zu Berenberg in die Schweiz gebracht hatten.

Etwas spät, im Jahr 2011, begann dann eine Weißgeldstrategie mit Namen "Blue Horizon". Von da an mussten neue Kunden nachweisen, dass es sich bei ihrer Geldanlage um versteuertes Geld handelte. Wer unversteuertes Vermögen hatte, wurde aufgefordert, Selbstanzeige beim Fiskus zu stellen. Außerdem wurden von da an Briefe mit Kontounterlagen an Kunden nach Deutschland geschickt. Dass war zuvor in vielen Fällen unterblieben, damit deutsche Fahnder nicht auf heimliches Vermögen in der Schweiz aufmerksam werden konnten. Seit 2011 gingen die Schwarzgeldbestände bei Berenberg Schweiz den Ermittlungsergebnissen zufolge nach und nach deutlich zurück, gegen null mittlerweile.

Das Bußgeld für Berenberg Schweiz setzt sich zusammen aus knapp 3,5 Millionen Euro, mit denen die Erträge der Bank aus Geschäften mit Schwarzgeld abgeschöpft werden. Die Strafe beläuft sich auf eine halbe Million Euro. Die Ermittler honorierten mit diesem niedrigen Betrag, dass Berenberg umfassend kooperiert hatte und seit 2011 nachhaltig eine Weißgeldstrategie verfolge. Anders ausgedrückt: Seitdem halte sich Berenberg Schweiz an Recht und Gesetz. Vorher war das nicht so.

Die Privatbank Berenberg erklärt dazu, die Weißgeldstrategie sei maßgeblich auf Initiative von Peters umgesetzt worden. Peters habe schon 2016 als Präsident des Bankenverbandes darauf hingewiesen, dass Fehlverhalten nicht tragbar sei und sanktioniert werden müsse. So ist das 2017 dann auch bei Berenberg Schweiz geschehen.

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