Benzinversorgung in Russland:Putin geht der Sprit aus

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Russland ist einer der ölreichsten Staaten der Welt - doch im Land grassiert jetzt eine gravierende Benzinknappheit, die für viel Unruhe sorgt. Warum Premierminister Wladimir Putin daran mitschuldig ist.

Frank Nienhuysen

Man kennt das aus Filmen, in denen Schiffbrüchige leidvoll auf dem Meer treiben, von nichts als Wasser umgeben, und dennoch zu verdursten drohen.

Russlands Premierminister Wladimir Putin im Jahr 2005 in einem alten Wolga. (Foto: AFP)

Russland hat viel Meer, viel Wasser, und noch dazu sehr viel Öl. Das Land ist einer der größten Exporteure der Welt; befremdlich wirkten deshalb zuletzt die Szenen an den Tankstellen, wo ein Liter Benzin normalerweise nur etwa 60 Cent kostet - wenn es denn welches gibt.

Im Altai-Gebiet waren vor einer Woche fast alle Stationen unabhängiger Konzerne geschlossen. An den Zapfsäulen der staatlichen Anbieter Rosneft und Gazprom Neft durfte jeder Fahrer nicht mehr als 20 Liter tanken. Einzige Ausnahme: Dauerkunden, die sich per Karte als solche ausweisen konnten.

Probleme mit der Benzinversorgung gab es auch in anderen Teilen Russlands, in Brjansk etwa, in Nischnij Nowgorod, im sibirischen Kemerowo, in Belgorod an der ukrainischen Grenze oder im fernöstlichen Sachalin. Eng drängen sich auf einem Zeitungsfoto aus der Stadt Barnaul die Autos, reihen sich zu Schlangen bis weit auf die Fahrbahnen. Russland, der Ölstaat, hat ein Benzinproblem. Und das im Jahr der Parlamentswahl.

Über die Schuldigen gibt es verschiedene Ansichten, aber sicher ist Ministerpräsident Wladimir Putin ein wichtiges Glied in der Ereigniskette. Im Februar ordnete er aus Angst vor aufgeregten Autofahrern fürsorglich eine Verringerung der Benzinpreise an.

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Die Ölkonzerne reagierten jedoch anders als vom Regierungschef erhofft. Sie verloren nach Ansicht von Experten ihr Interesse am heimischen, nun preislich unattraktiv gewordenen Markt und beschlossen, stattdessen das Öl ans Ausland zu verkaufen, wo sie für ihre Ware erheblich mehr Geld bekommen sollten. So stieg der Export von Benzin noch im ersten Quartal um 50 Prozent, obwohl sich der Umfang der Produktion keineswegs erhöht hat. Den russischen Tankstellen ging das Benzin aus.

Benzinknappheit ist im beginnenden Wahlkampf aber noch schlechter als höhere Benzinpreise, und so hat die Regierung nun reagiert. Ab 1. Mai wird auf die Ausfuhr von Benzin eine erhöhte Zollgebühr von 408 Dollar pro Tonne erhoben, ein Drittel mehr als zuvor. "Ich denke, in diesem Monat müssen wir mit Hilfe der Exportverringerung erst einmal unsere eigene Nachfrage befriedigen", sagte der stellvertretende Energieminister Sergej Kudrjaschow. Die Regierung hat dies mit den Vertretern der russischen Mineralölkonzerne vereinbart und ihnen dafür im Gegenzug eine Benzinpreiserhöhung von fünf Prozent eingeräumt.

Die Zeitschrift Kommersant Wlast bemerkte süffisant, dass nun der Preis nicht nur steigen werde wie vor Putins Februar-Order, sondern das alte Niveau sogar übertreffen werde, "mit einem Unterschied: diesmal gebilligt durch die Regierung". Moskau macht das Ausland für den gesteigerten Benzin-Export verantwortlich. Der Preis sei für die Produzenten einfach verlockend hoch gewesen.

Russland hat 2010 etwa drei Millionen Tonnen raffinierter Ölprodukte ausgeführt - ein Bruchteil im Vergleich zur Gesamtproduktion an Öl von rund 500 Millionen Tonnen. Dennoch: Die Bilder frustrierter Autofahrer an Russlands Tankstellen haben Premier Putin sichtlich verärgert. Beim Vize-Energieminister Kudrjaschow echauffierte er sich: Dass das Land "im vorigen Jahr mehr Öl produziert hat als Saudi-Arabien. Da kann es nicht sein, dass wir Engpässe erleben".

Putin aber ist im Wahljahr nicht nur daran interessiert, das Wahlvolk zu besänftigen; er muss auch einen Ausgleich mit den Energiekonzernen finden. Und so ließ er ankündigen, dass die erhöhten Exportzölle nicht von Dauer sein würden. Deutlich äußerte sich der radikale Chef der Liberaldemokratischen Partei, Wladimir Schirinowskij. Sollte die Ölindustrie die Preisschwankungen nicht in den Griff bekommen, sagte er, "dann müssen sie eben verstaatlicht werden".

© SZ vom 04.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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