Benzinpreise:Kraftstoff unser

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Wie eine Droge hat das Öl Wirtschaft und Autofahrer abhängig gemacht. Egal wie teuer Benzin wird, die Nachfrage bleibt ungebrochen. Strengere Kontrollen sollen die Preise nun stabil halten. Doch am Ende hilft nur eines - Entzug.

Michael Bauchmüller

Kraftstoff, was für ein herrliches Wort. Stoff gewordene, literweise verfügbare Kraft - zwar ist das seit mehr als einem Jahrhundert auf der ganzen Welt Bedingung für Fortkommen und Fortschritt. Nirgends aber gibt es für Benzin und Diesel einen so vielsagenden Begriff wie im Deutschen: Kraftstoff.

Kaum irgendwo sonst hat er auch solche wirtschaftliche Bedeutung erlangt wie hierzulande. Zuffenhausen, Wolfsburg, Ingolstadt, das sind Sehnsuchtsorte auf einer Landkarte, die von Autobahnen durchzogen ist wie nirgends sonst in Europa. Der VW-Käfer wurde nicht zufällig zum Symbol des Wirtschaftswunders, der Verbrennungsmotor zur Gewähr für die Freiheit des Einzelnen. Ein Zufluchtsort, ein Wohnzimmer auf vier Rädern; mitunter sogar ein Ausdruck politischer Gesinnung, samt Anti-Atom-Aufkleber auf der Heckklappe. Gäbe es nicht immer stärker diese Probleme mit dem Kraftstoff.

Er ist nicht nur Bedingung für Fortkommen und Fortschritt, sondern auch der unangenehme Begleiter des Automobils. Für dessen Betrieb unverzichtbar, wird er doch über die Jahre ständig teurer. Wer auf das Auto nicht verzichten kann oder will, ist dem Kraftstoff nahezu schutzlos ausgeliefert. Solche Abhängigkeit ist für den Autofahrer schwer zu ertragen, es versetzt ihn in die Lage eines Junkies. Er möchte ja gern davon lassen, kann es aber nicht. Dass Benzin und Diesel weltweit nur von einer relativ kleinen Zahl von Firmen gefördert und vertrieben werden, macht das psychologische Problem noch größer. Der Ärger entlädt sich direkt an der Tankstelle.

Die Bundesregierung macht mit. Diese Woche hat das Kabinett eine Sondereinheit beim Bundeskartellamt eingerichtet, auf Betreiben des Wirtschaftsministers Philipp Rösler. Die Beamten sollen nun alle möglichen Daten von den Tankstellen sammeln, um einen Missbrauch von Marktmacht leichter nachweisen zu können. Das macht sich erstens gut im Wahlkampf, und zweitens, wer weiß, vielleicht wird der Sprit tatsächlich ein, zwei Cent billiger.

Es ändert nur nichts am Problem.

Die Tankstelle mag der Ort sein, an dem der Junkie mit seinem teuren Stoff in Berührung kommt. Die Schwierigkeiten aber entstehen woanders. Bei einer Marktmacht etwa der wenigen Anbieter, gegen die das stärkste Kartellamt machtlos ist. Und, mehr noch, bei einer globalen Nachfrage nach Erdöl, die sich nur noch mit Mühe befriedigen lässt. Mag ja sein, dass es noch Ölvorräte gibt. Aber sie lassen sich nur noch unter immer höheren Risiken und zu immer höheren Kosten fördern. So steigt der Preis für flüssige Kraft weiter. Trotz Rösler.

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