Am Dienstag weilte Christian Lindner in Athen. Das war gut, so konnte sich der deutsche Finanzminister auf ein wirkliches Problem vorbereiten: die womöglich nächste Schuldenkrise. Griechenland, Italien und andere finanzschwächere Staaten haben nach der Finanz- und Eurokrise vor zehn Jahren dank sehr niedriger Zinsen eine Atempause erhalten. Sie haben sie genutzt, aber die Lage bleibt unsicher. Nun, da die Zinsen wieder steigen, kommen die alten Themen zurück. Was da zu tun ist, darüber müssen die Politiker reden, vor allem die in der europäischen Wirtschaftsleitnation Deutschland. Stattdessen aber sind sie leider mit einem anderen Thema beschäftigt: dem Tankrabatt.
Mit diesem läuft so ziemlich alles schief. Es beginnt damit, dass schon der Name irreführend ist, weil es sich ja gerade nicht um einen Rabatt handelt, den der Staat dem Autofahrer an der Kasse einräumt (so die ursprüngliche Idee des Finanzministers), sondern um eine Steuersenkung für die Mineralölkonzerne. Vor allem aber funktioniert die Idee nicht: Die Spritpreise gehen nicht wirklich runter. Der Ampelkoalition ist das Thema mittlerweile so lästig, dass sie es am liebsten vergessen möchte. Drei Milliarden Euro verpulvert, kann ja mal passieren, Schwamm drüber, nächstes Thema.
Aber so geht das nicht - allein schon deshalb nicht, weil die Autofahrer jeden Tag daran erinnert werden, dass hier eine viel diskutierte Maßnahme offensichtlich nicht funktioniert. Noch schlimmer: Genau das war vorhergesagt worden. Das Scheitern war absehbar - nicht nur, weil die Ölkonzerne die Marktmacht haben. Man kann allgemeiner formulieren: Wenn der Staat Steuervergünstigung in ein so komplexes System wie die Ölverarbeitung gibt, kann das nur schiefgehen. Es ist ja nicht mal ganz klar, inwieweit (nur) die Mineralölkonzerne die bösen Buben sind, die Extraprofite einstecken - auch wenn das jetzt schnell so behauptet wird; ist ja auch bequem.
Hinzu kommt, und auch das ist im Vorfeld ausreichend besprochen worden: Der ganze Tankrabatt ist kontraproduktiv jedenfalls zu den Zielen dieser Ampelkoalition, die ja angetreten ist, zur Rettung der Welt die Energiewende zu schaffen. Sie müsste um jede Tankladung dankbar sein, die nicht aus dem Hahn fließt. Eigentlich müssen die Preise explizit hoch bleiben, um zu signalisieren, dass die Bürger ihr Mobilitätsverhalten ändern sollen.
Allerdings ist dieser Kurs angesichts der explodieren Energiekosten und der massiven Inflation sozialpolitisch nicht durchzuhalten und auch nicht zu rechtfertigen. Was also tun?
Autofahrer sollten Tankquittungen einreichen können
Im Grunde gibt es nur drei Möglichkeiten. Entweder agiert die Politik nach dem Motto "Augen zu und durch", garniert mit allerlei gegenseitigen Schuldzuweisungen und vagen Ankündigungen zum Steuer- und Wettbewerbsrecht; das ist die wahrscheinliche Lösung, und sie ist bereits in vollem Gange. Aber das ist auch der schlechteste Weg.
Die zweite Möglichkeit ist die Rücknahme des Gesetzes. Das wäre das Eingestehen totalen Politikversagens - in der Sache richtig, aber sicher nicht realistisch und auch ein falsches Signal an alle Marktteilnehmer: Der Staat ist ohnmächtig. Dieser Eindruck sollte nicht entstehen.
Bleibt deshalb als Drittes eine Korrektur der bisherigen Politik: Die Ampel könnte den Tankrabatt doch so konstruieren, dass er wirklich beim Autofahrer ankommt, etwa indem Tankquittungen steuerlich absetzbar gemacht werden. Und wenn man sich dann auf die wirklich Bedürftigen konzentriert (die anderen sollen die Lenkungswirkung ja spüren, um ihr Mobilitätsverhalten zu ändern), dann zieht man Einkommensgrenzen ein. Noch einfacher: Geringverdiener könnten sich Tankquittungen beim Sozialamt auszahlen lassen.