Spanien:Die höchste Hochhausdichte der Welt

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350 Hochhäuser reichen noch nicht, der spanische Urlaubsort Benidorm will weiter wachsen. (Foto: David Ramos)

Nirgendwo drängen sich so viele Bettentürme  auf engstem Raum wie im Badeort Benidorm an der spanischen Mittelmeerküste. Jetzt sollen es noch mehr werden.

Von Patrick Illinger

Barcelona, klar, Madrid auch und Sevilla natürlich. Dazu Valencia, Cordoba, Granada. Selbst wer noch nicht dort war, kennt die Namen der meistbesuchten Touristenziele Spaniens. Doch halt, zwischen all den Millionenstädten und weltbekannten Kulturdenkmälern reiht sich ein Ort ein, der vielen nicht gleich in den Sinn kommt. Dort sind nur rund 70 000 Einwohner gemeldet, und der Name scheint aus dem Ikea-Katalog zu stammen: Benidorm.

Rund 2,7 Millionen Besucher bereisen den Ort jährlich. Gemessen an der Zahl der Übernachtungen (15 Millionen) ist Benidorm sogar das drittwichtigste Tourismusziel Spaniens, gleich hinter Madrid und Barcelona.

Benidorm? Das ist, kurz gesagt, die größte Bausünde der an Bausünden nicht armen Mittelmeerküste Spaniens. Fast 350 Hochhäuser säumen dort zwei hübsche Strände und die Reste des einstigen Fischerdorfs. Gemessen an der Fläche des Gemeindegebiets hat Benidorm die höchste Hochhausdichte der Welt.

Kein neues Gebäude darf weniger als 20 Stockwerke haben

Ausgerechnet dort bricht nun erneut ein Bauboom aus. Die Stadtregierung hat ein Areal von 57 Hektar identifiziert, das noch „urbanisierbar“ ist, wie es heißt, und ambitionierte Pläne veröffentlicht. 2200 neue Wohnungen und an die 20 Hotels sollen entstehen, dazwischen ein zehn Hektar großer Park mit Platz für 9500 Bäume. Und was die Ästhetik betrifft, sind die Planungsunterlagen eindeutig: Kein Gebäude darf weniger als 20 Stockwerke haben. Man bleibt sich treu. Bis Anfang Februar läuft die Einspruchsfrist für Bürgerinnen und Bürger.

Anders als ähnlich berüchtigte mediterrane Bettenburg-Siedlungen wie La Grande-Motte in Frankreich hat sich Benidorm, als der Bauboom Ende der 1950er-Jahre begann, dem Modell New York verschrieben. Überragt werden die Häuserfluchten von einem 202 Meter hohen Zwillingsturm aus Stahlbeton und Glas, dem der Badeort einen weiteren Rekord verdankt: den des höchsten Wohnhauses in Europa. So gesehen erscheint es nur konsequent, das noch freie Areal im gewohnten Stil zu bebauen – mit Hochhäusern.

Sieht man von ästhetischen Fragen ab, hat die Stadtverwaltung ein gutes Argument: Hochhäuser sind die nachhaltigste Bau- und Wohnform. Der Energieverbrauch pro Kopf ist niedrig, die Versorgungswege sind kurz. Mit Stolz verweist die Stadtregierung darauf, dass der Müll der Stadt in vier Stunden eingesammelt werden kann. Und zwischen den Wolkenkratzern schlängelt sich eine 9,5 Kilometer lange Fußgängerzone, in Spanien eine Seltenheit.

Der spezielle Charme von Benidorm zieht vor allem Briten an, sie bilden die größte Besuchergruppe und freuen sich über ein reges Nachtleben. Aber auch unter Spanierinnen und Spaniern ist Benidorm keineswegs verschrien. Nicht nur findet dort jedes Jahr ein weithin beachtetes Musikfestival statt. Benidorm ist für Spanien seit den Zeiten der Franco-Diktatur ein Symbol für Modernität und Aufbruch.

Als das Land in den 1950er-Jahren vor dem wirtschaftlichen Kollaps stand und Hungersnot herrschte, brachte der Tourismus die Rettung. Im Akkord wurden Bettenburgen an der Costa Blanca errichtet. Mit dem einsetzenden Tourismus kam nicht nur Geld ins Land, sondern auch unter Franco verbotene Dinge, Bikinis zum Beispiel. In Benidorm konnte man dem Muff der Diktatur entfliehen, daran erinnern sich viele noch heute.

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