In Belgien müssen neben dem nationalen Parlament auch sechs regionale Kammern dem Freihandelsabkommen mit Kanada zustimmen. Das wallonische Parlament hat sich gegen Ceta ausgesprochen. Mit 46 zu 16 Stimmen sprachen sich die Abgeordneten in Namur dafür aus, der föderalen Regierung in Brüssel die Befugnis für die Unterzeichnung zu verweigern. "Belgien wird den Vertrag am 27. Oktober nicht unterzeichnen", rief der sozialistische Premier der Region, Paul Magnette, zum Ende der Debatte unter langem Beifall.
"Wir leisten Widerstand", sagte die sozialistische Abgeordnete Olga Zrihen nach der Abstimmung. "Wir haben uns sehr ernsthaft mit Ceta beschäftigt, haben 28 Experten angehört, auch aus Kanada, und jetzt bestehen wir auf einigen Änderungen." Unter anderem fordern die Wallonen, die von der EU-Kommission mit Kanada ausgehandelte Zusatzerklärung genauso rechtsverbindlich zu machen wie das Abkommen selbst.
"Das ist ein Kampf gegen die multinationalen Konzerne"
Ähnlich hatte sich am Donnerstag das Parlament der Föderation Wallonie-Brüssel geäußert. Diesen Kurs stützen mit Ausnahme der Liberalen alle Parteien in Namur: Sozialisten, Christdemokraten sowie mit Verve die oppositionellen Grünen. Deren Vertreterin Hélène Ryckmans sagte im Plenum: "Dieser Vertrag muss gestoppt werden. Das ist ein Kampf der Bürger und der Zivilgesellschaft gegen die multinationalen Konzerne." Man mache sich "allergrößte Sorgen".
Die Christdemokraten sehen eine Gefahr für kleinere und mittlere Betriebe sowie für die Bauern durch Ceta. Die Sozialistin Zrihen verwies auch auf die wirtschaftliche Lage in Belgien. Bei der Bank ING und dem Maschinenhersteller Caterpillar sind kürzlich mehrere tausend Jobs verloren gegangen. Die Abgeordnete klagte über Ignoranz der föderalen Regierung, die Ceta befürwortet. Die Entwicklung sei seit dem Frühjahr abzusehen gewesen, aber niemand habe etwas unternommen. "Es läuft ja immer so: Brüssel legt uns in letzter Minute einen Text vor die Nase. Und es heißt, wir sollten unterschreiben, sonst müsse Belgien zahlen." Europa müsse lernen, "dass nicht immer alles so einfach geht". Die Wallonen fordern neue Verhandlungen mit Kanada. "Wenn das eine Verschiebung um zwei bis drei Jahre bedeutet, dann ist das eben so", sagte Zrihen.
Hinter den Kulissen laufen Gespräche mit den Wallonen. Regionspremier Magnette deutete an, dass es noch Spielraum gibt: "Dies ist keine definitive Beerdigung." Wie eine Lösung aussehen könnte, ist offen. Die frankophonen Belgier sind für ihre ausgeprägte Hartnäckigkeit bekannt, die sich etwa in ihrer Neigung zu häufigen und möglichst schmerzhaften Streiks im öffentlichen Dienst zeigt. Die konzilianteren Flamen sprechen von "Sturheit". Alle EU-Staaten müssen Ceta zustimmen. Eigentlich soll das Abkommen auf dem EU-Kanada-Gipfel am 27. Oktober unterzeichnet werden.