Bei uns in Tokio:Die schwarze Katze läuft und läuft

Das Geschäft mit Kurierdiensten boomt in Japan. Eine Firma heißt "schwarze Katze". Die läuft seit Jahren, doch die Mitarbeiter sind erschöpft. Sie wollen, dass man ihnen die Überstunden bezahlt und mehr Leute einstellt.

Von Christoph Neidhart

Wer in Tokio einen Laptop kauft, wird gefragt, ob er den tragbaren Computer mitnehmen wolle, oder ob er nach Hause geliefert werden soll. Wer im Urlaub die Mitbringsel für Freunde und Nachbarn kauft, ohne die man nicht zurückkehren darf, kann sie sich schicken lassen. Wer am Flughafen mit schweren Koffern ankommt, überlässt das Gepäck "Kuro Neko", der "schwarzen Katze". Sie bringt es am gleichen Abend noch nach Hause. "Kuro Neko" ist der größte von drei "Takkyubin", privaten Paket-Kurierdiensten. Service und Bequemlichkeit sind den Japanern wichtig.

Die schwarze Katze liefert alles, auch Gefrorenes. Und überallhin. Gestern bestellte Krabben aus Hokkaido sind heute zum Mittagessen da. Und das für nur wenige Euro. Bis vor Kurzem hat Kuro Neko die Preise 27 Jahre lang nicht erhöht.

Auf die grün- und ockerfarbenen Kuro-Neko-Lieferwagen, heute meist mit Hybridantrieb, stößt man in der hintersten Provinz. Und das bis spät am Abend. Die stets freundlichen Kuriere rennen vom Auto zur Haustür. Ist man nicht da, legen sie einen Zettel mit ihrer Handynummer in den Briefkasten.

Kuro Neko gehört dem Speditionsunternehmen Yamato, das seinem Kurierdienst vor 60 Jahren eine schwarze Katzenmutter als Logo gab. Sie trägt ein Junges in der Schnauze. Soll heißen: Yamato behandle Pakete so sorgfältig wie eine Mutter ihr Kind. Für Kuro Neko sind 60 000 Fahrer unterwegs, ihre Schichten dauern 15 Stunden. Plus Überstunden, die ihnen oft nicht vergütet wurden. Die drei privaten Paket-Kurierdienste bringen den Japanern jährlich 4,5 Milliarden Pakete ins Haus, 40 pro Kopf der Bevölkerung. Und mit dem Online-Handel werden es immer mehr.

Yamato macht Gewinne, die schwarze Katze läuft und läuft, aber sie ist erschöpft. Manche Fahrer und einzelne Unteranbieter haben genug, die Belastung ist zu hoch. Widerwillig zahlt Yamato nun 42 000 Fahrern rückwirkend die Überstunden für zwei Jahre, außerdem will man 9200 weitere Kuriere einstellen. Doch sie sind kaum zu finden, in Japan herrscht Vollbeschäftigung, ausländische Arbeitskräfte und Teilzeitjobs sind tabu. Und die Unternehmer knausern bei den Löhnen weiterhin. Die Politik deutet die Umsatzsteigerung der Kurierdienste als Beleg, die Wirtschaft ziehe an. Doch Kuro Nekos Probleme zeigen viel eher, dass Japan ohne tief greifende Reformen an eine neue Schwelle stößt. Etwas geholfen wäre den Kurieren schon, wenn sie Päckchen für Abwesende wenigstens in die Briefkästen legen dürften.

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