Bei uns in Rom:Greifen Sie zu!

So weit ist es also gekommen mit der irdischen Austerität: Es gibt nun auch einen Schlussverkauf für Purpurträger und für Prälaten. Nur Wühltische für die Kurie sind bisher noch nicht aufgetaucht.

Von Ulrike Sauer

So weit ist es also gekommen mit der irdischen Austerität: Es gibt nun auch einen Schlussverkauf für Purpurträger und Prälaten. Wühltische für die Kurie sind zwar in Rom noch nicht aufgetaucht. Aber die einschlägigen Ausstatter in der Via dei Cestari bieten in den Schaufenstern nun Schnäppchen feil. Messgewänder im Viererpack, farblich sortiert in Weiß, Rot, Grün und Lila, supergünstig für 140 Euro. Seine Exzellenz, greifen Sie schnell zu!

Natürlich sind die Sonderangebote für den Klerus nicht nur der Versuch des Fachhandels, eine maue Nachfrage zu beleben. Die Schneider passen sich - notgedrungen - dem Modetrend am Heiligen Stuhl an. Seit Papst Franziskus eine arme Kirche predigt und vorlebt, ist ein prächtiges Outfit verpönt. Wenn das Kirchenoberhaupt in einem liturgischen Überwurf für 65 Euro zelebriert, lassen Bischöfe ihre prächtigen Mützen verschämt im Kleiderschrank. Wenn Franziskus sein Brustkreuz für 56 Euro in einer Buchhandlung erstanden hat, dann werden silberne Kardinalskreuze, die dicht mit Amethysten und Lapislazuli besetzt sind, zu Ladenhütern. Ein Jammer ist das für die Geschäftsinhaber.

Nicht nur für sie. Der neue, schlichte Look geht einher mit eingeschränkten Tafelfreuden der Würdenträger. Die Zeit der Bankette in den Restaurants rund um den Petersdom ist vorbei. Verzicht bestimmt heute auch die Fortbewegung. Verließen früher an die 40 Dienstlimousinen die Vatikangarage, so gehen Kardinäle nun meist zu Fuß. Und der Pontifex fährt im Ford Focus vor. Den BMW und den Mercedes von Joseph Ratzinger schickte man nach Deutschland zurück. Auf Reparatur, wie es in Rom heißt.

Da spätestens stutzt man. Low-Cost-Manie im Herzen der katholischen Welt? Werden nicht Konfessionsunterschiede in der europäischen Diskussion um nationaltypische Verhaltensmuster im Geldumgang gerade als Erklärung bemüht? Den Südländern zerrinnt das Geld zwischen den Fingern? Ihren angeblichen Hang zur Prasserei führt man gern auf ihre Ferne von protestantischem Verzichtsethos und calvinistischer Arbeitsdisziplin zurück. Beides ginge Katholiken einfach ab.

Wäre an dem volkspsychologischen Unfug etwas dran, könnte Matteo Renzi seine größte Sorge abhaken. Leider ist das nicht der Fall. Italiens Wirtschaft kommt nach der Jahrhundert-Rezession nicht auf die Beine, weil viele sparen. Die verunsicherten Italiener legen traditionell sogar mehr Geld zurück als Deutsche und Franzosen. Dem Aufschwung fehlt es an Vertrauen, nicht an Mäßigung.

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