Bei uns in Rio:Olympia im Angebot

Was vom Fest übrig blieb, wird jetzt versteigert oder gespendet. In dieser Woche bietet das Organisationskomitee unter anderem an: 1500 Matratzen aus dem Athletendorf, 2500 Bettwäsche-Sets, 4000 Kissen, 8000 Handtücher, Computer und noch viel, viel mehr.

Von Boris Herrmann

Unter dem schönen Namen "olympisches Vermächtnis" wurden den Bewohnern von Rio de Janeiro in den vergangen Jahren allerlei wundersame Dinge versprochen: Befriedete Favelas, ein funktionierendes Verkehrssystem, eine saubere Guanabara-Bucht sowie "der schönste Radweg der Welt". Mit etwas Abstand zu den olympischen und paralympischen Sportwochen lässt sich sagen: Der Radweg, der im April unmittelbar nach dem Richtfest einstürzte und zwei Menschen in den Tod riss, sieht so wackelig aus wie eh und je. In die Bucht ergießen sich weiterhin die ungefilterten Abwässer von sechs Millionen Haushalten. In den Favelas wird so viel geschossen wie schon lange nicht mehr. Und wer gerne im Stau steht, muss darauf immer noch nicht verzichten.

Ein konkretes Olympia-Vermächtnis gibt es trotzdem. Was vom Fest übrig blieb, wird jetzt versteigert oder gespendet. In dieser Woche bietet das Organisationskomitee unter anderem an: 1500 Matratzen aus dem Athletendorf, dazu 2500 Bettwäsche-Sets, 4000 Kissen, 8000 Handtücher, 400 Computer, zwei Pferdewagen sowie ein Golfwägelchen, das offenbar einer der Spieler vergessen hat. Da soll noch einer sagen, die Cariocas seien um das Erbe ihre Spiele geprellt worden.

Auf der Webseite von Rio 2016 können sich nun Organisationen, die meinen, einem guten Zweck zu dienen, als Spendenempfänger bewerben. Allen anderen bleiben die Online-Auktionen. Offenbar sind noch ganze Lagerhallen voller olympischer Überbleibsel zu haben. Darunter Diensthandys von Funktionären, Badminton-Netze, Tischtennisplatten, Ersatzbänke verschiedener Sportarten, Boxhandschuhe (benutzt), kartonweise Mückenschutzmittel und Hygieneartikel (unbenutzt) sowie zahlreiche Medaillen-Podien, die stufenweise (Gold, Silber, Bronze) versteigert werden. Die Nachfrage ist offenbar gewaltig. Nur so als Beispiel: Ein Tennisball aus dem Erstrunden-Match zwischen dem Portugiesen João Sousa und dem Niederländer Robin Haase war einem Bieter 121 Reais (33 Euro) wert. Da kommt einiges zusammen, wenn man bedenkt, wie viele Tennisbälle zuletzt in Rio verschossen wurden.

Das Olympiadorf selbst steht übrigens auch zum Verkauf. Zwischen 200 000 und 825 000 Euro sollen jene Apartments kosten, über die sich nahezu alle Athleten beschwert hatten. Der Erlös geht nicht an gute Zwecke, sondern an die korruptionsumwitterten Baufirmen Carvalho Hosken und Odebrecht. Bisher ist der Erlös aber ohnehin überschaubar, von den gut 3600 "Luxus-Wohnungen mit Olympiaflair" sind erst 240 verkauft. Das Flair, von dem die Sportler berichteten, bezog sich vor allem auf offene Stromkabel, triefende Decken und wackelnde Klodeckel.

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