Bei uns in Peking:Her mit der Rakete

Die Pekinger sind alarmiert: Ist die Pest ausgebrochen? Die Panik ist übertrieben. Die Krankheit lässt sich vergleichsweise leicht behandeln. Eine andere Plage kann einen dagegen immer wieder erschrecken.

Von Christoph Giesen

Der schwarze Tod ist zurück. Die Pest in Peking. Zuerst erfuhr man davon in den chinesischen sozialen Netzwerken, ein Gerücht wird weitergereicht und teilweise auch aufgebauscht. Von etlichen Fällen war die Rede, es bestehe akute Ansteckungsgefahr. Die Behörden dementierten zügig.

Die Wahrheit ist: Ein 43-jähriger Mann und seine 46-jährige Ehefrau aus der Inneren Mongolei waren in Peking mit akuten Pestsymptomen in ein Krankenhaus eingeliefert worden, sie sollen sich bei Nagetieren angesteckt haben. In der Heimat kamen die Ärzte zunächst nicht auf die Idee, dass es sich um die Pest handeln könnte. Den letzten größeren Ausbruch im Land hat es schließlich vor zehn Jahren gegeben, als mehrere Menschen in der Provinz Qinghai auf dem tibetanischen Plateau ums Leben kamen.

Rechtzeitig erkannt, kann die Krankheit mit Antibiotika gut behandelt werden. Weil das in der Inneren Mongolei versäumt wurde, verlegte man die Patienten in die Hauptstadt, und so kam die Pest, aber auch die Aufregung nach Peking.

Sie ist ein Relikt aus der Sars-Zeit. 2003 starben an der Lungenseuche 774 Menschen in der Volksrepublik und in Hongkong. Die Behörden wurden damals beschuldigt, den Ausbruch vertuscht und damit dessen Verbreitung begünstigt zu haben. Heute hat die Regierung das Management zur Entdeckung und Vorbeugung von übertragbaren Krankheiten jedoch deutlich verbessert. Vor Pestflöhen muss man sich jedenfalls nicht fürchten.

Das einzige Ungeziefer, das die Stadt partout nicht loswird, sind Kakerlaken. Sie sind an sich zwar harmlos, aber doch recht unangenehm. Die Pekinger Prachtexemplare erreichen Ausmaße, wie man sie in Europa selbst durch Mast nicht erzielen könnte: Acht, neun Zentimeter sind keine Seltenheit. Wie diese Viecher es in die Wohnungen schaffen, obwohl man wirklich jede erdenkliche Ritze amtlich versiegelt hat, ist jedes Mal ein Rätsel, vor dem man leider häufiger steht. Und nicht nur man selbst, sondern Millionen Pekinger.

Kaum jemand in dieser Stadt, der keine Kakerlaken-Erfahrung hat. In den großen Wohnanlagen haben die Kammerjäger feste Termine.

In dem Gebäudekomplex, in dem die SZ ihr Büro hat, ist immer donnerstags Kakerlaken-Sprechstunde. Im Angebot haben die Schädlingsbekämpfer all das, was in Deutschland den Tierschutz verletzen würde: sonderbare Gifte und hinterhältige Klebefallen. Fehlen nur noch Infrarotraketen für besonders hartnäckige Biester.

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