Bei uns in Mailand:Es geht auch ohne Schlaf

Schlaflos in Mailand - die Ausrichter der Expo und ihre Helfer wissen nur zu gut, wie sich das anfühlt. Seit Monaten wird auf dem Expo-Gelände rund um die Uhr rangeklotzt, damit die Pavillons nach Jahren der Bummelei rechtzeitig fertig werden.

Von Ulrike Sauer

Die männerhassende Prinzessin aus "Tausendundein Tag" hatte es Giacomo Puccini angetan. Der Komponist widmete seine letzte Oper der Turandot, die jeden Freier, der ihre Rätsel nicht lösen konnte, eiskalt köpfen ließ. Nur Prinz Calaf unterlag ihr nicht und bot so in der Nacht der Entscheidung die berühmte Tenorarie "Nessun dorma" dar. Puccini war leider schon entschlafen, als der Maestro Arturo Toscanini die Turandot vor 89 Jahren an der Scala zur Uraufführung brachte.

Am 1. Mai nun erlebt Mailand wieder eine Turandot-Premiere - zum Auftakt der Weltausstellung, die an diesem m Freitag in der italienischen Finanzmetropole beginnt.

Das passt ausgezeichnet. Schlaflos in Mailand, die Ausrichter der Expo und ihre Helfer wissen nur zu gut, wie sich das anfühlt. Seit Monaten wird auf dem Expo-Gelände rund um die Uhr rangeklotzt, damit die Pavillons nach Jahren der Bummelei rechtzeitig fertig werden. Nessun dorma - bis zur Eröffnungsshow.

Nessun dorma ist auch das Leitmotiv von Raffaele Cantone, Italiens oberstem Schmiergeldjäger. Just vor einem Jahr bestellte Premier Matteo Renzi den Chef der Anti-Korruptionsbehörde Anac zum Sonderkommissar der Expo. Wieder einmal hatte die Justiz den Deckel über der italienischen Pandora-Büchse gelüftet und einen Bestechungsskandal aufgedeckt. 20 Jahre nachdem Staatsanwälte just in Mailand mit ihrer Operation "Saubere Hände" die Schmiergeldrepublik Tangentopoli aus den Angeln gehoben hatten. Einige Veteranen der Kleptokratie von damals hatten sich unbehelligt an die Expo-Manager rangeschmissen. Gemeinsam sahnten sie bei den Vorbereitungen zur Großveranstaltung ab, die dem existenziellen Thema "Den Planeten ernähren" gewidmet ist. Peinlich, peinlich. Nun sollte der frühere Anti-Camorra-Staatsanwalt aus Neapel das Kind schaukeln. Und für finanzielle Transparenz und Legalität auf Europas größter Baustelle sorgen.

an kann nur staunen. Kein einziger Auftrag, keine Kauforder verließ mehr die Expo-Gesellschaft, ohne dass wir sie vorher geprüft haben, berichtete Cantone neulich. Um auf Nummer sicher zu gehen, ließ er sich sein ausgeklügeltes Überwachungssystem von der Industrieländer-Organisation OECD zertifizieren. Bei der Zwischenbilanz empfahlen die Ökonomen in Paris das Expo-Modell dann als "bestmögliches" zur Nachahmung.

Kaum zu glauben: Italien liefert die Benchmark für saubere Groß-Events. Da darf Cantone, pardon Calaf, seine Arie jetzt mit geschwellter Brust schmettern: "Die Nacht entweiche, jeder Stern erbleiche! Damit der Tag ersteh' und mit ihm mein Sieg!"

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