Süddeutsche Zeitung

BDI: Neuer Hauptgeschäftsführer:Ein Mann von Welt

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Diese Personalie kommt überraschend: Markus Kerber wird neuer Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Der bisherige Chefvolkswirt des Bundesfinanzministeriums gilt weniger als Mann der Verwaltung sondern vielmehr als Querdenker.

Er ist 47 Jahre alt, war Investmentbanker, gilt als enger Vertrauter von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und soll der neue starke Mann im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) werden: Markus Kerber, Chefvolkswirt des Bundesfinanzministeriums, wird neuer Hauptgeschäftsführer des BDI. Die BDI-Vizepräsidenten stimmten am Montag einstimmig für den Vorschlag von Präsident Hans-Peter Keitel. Kerber soll das Amt zum 1. Juli übernehmen.

Sein Vorgänger Werner Schnappauf war zurückgetreten, weil Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle unmittelbar vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz durch ein BDI-Sitzungsprotokoll in Bedrängnis geraten war. Laut dem Protokoll hatte Brüderle deutlich gemacht, das Atom-Moratorium der Bundesregierung sei vor allem aus wahltaktischen Gründen erfolgt.

Dass Kerber Schnappauf nachfolgt, kommt überraschend. Er ist kein Mann der Verwaltung. Der Vater von vier Kindern gilt in Berlin als unabhängiger Kopf und Vordenker, der Gefallen daran fand, eigene Gedanken in den politischen Betrieb einzubringen.

Als Schäuble noch Innenminister war, organisierte er für ihn die Islamkonferenz. Kerber schrieb auch für den Minister Gastbeiträge zur Finanzkrise und zur Steuerpolitik. Vor seiner politischen Karriere arbeitete er bei der Investmentbank S. G. Warburg und bei der Deutschen Bank in London. In Berlin heißt es, er sei "finanziell unabhängig". Kerber ist eloquent, mehrsprachig, präsentiert sich stets als "Mann von Welt".

Im Finanzministerium leitet er derzeit die Abteilung finanzpolitische und volkswirtschaftliche Grundsatzfragen. Dabei war er auch maßgeblich an den Arbeiten zu den G20-Finanzministertreffen beteiligt. Keitel sagte: Mit Kerber habe der BDI "eine Persönlichkeit gefunden, die sowohl wirtschaftliche als auch politische Erfahrung mitbringt und teamorientiert führt". Nach der Protokoll-Affäre kann dies der Industrieverband brauchen.

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Quelle:
SZ vom 10.05.2011
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