Agrarkonzern in der Krise:Die Baywa ist gerettet – aber nur für sechs Wochen

Lesezeit: 2 Min.

Rotes Licht für die Baywa: Kurzfristig gibt es nun frisches Geld, aber wie es weitergeht, ist offen. (Foto: Frank Hoermann, Sven Simon /Imago)

Der schwer angeschlagene Agrarkonzern bekommt von den Banken mehr als eine halbe Milliarde Euro. Doch das soll nur bis Ende September reichen. Der große Schnitt kommt erst noch.

Von Caspar Busse

Anfang Juli hatte sich der angeschlagene Agrarkonzern Baywa quasi selbst und überraschend zum Sanierungsfall erklärt. Die Finanzierungslage sei „angespannt“, teilte das Münchner Unternehmen damals auf wenigen Zeilen mit. Die Experten der Unternehmensberatung Roland Berger würden nun prüfen, ob und wie eine Sanierung aussehen könne. Die Baywa, die 2023 mehr Umsatz machte als etwa der Dax-Konzern Adidas, war in eine Liquiditätskrise geraten, die Schulden sind der Firma nach einem vehementen Expansionskurs über den Kopf gewachsen. Offenbar drohte zeitweise sogar eine Insolvenz.

Jetzt kommt nach Wochen intensiver Verhandlungen Hilfe. Die Baywa kann weitermachen, vorerst aber nur. Die jetzt vorgestellte Lösung ist nicht mehr als eine Atempause. Gläubigerbanken und Eigentümer stützen den Konzern mit mehr als einer halben Milliarde Euro, wie am Donnerstag bekannt gegeben wurde. Doch das Geld wird offenbar nicht lange reichen. Die Kreditvereinbarungen gelten zunächst nur bis Ende September. Entsprechend vage äußerte sich auch Baywa-Chef Marcus Pöllinger: „Die Baywa der Zukunft wird robuster.“ Der Vorstand gehe aufgrund der konstruktiven Gespräche davon aus, dass im Herbst ein Konzept für eine nachhaltige Sanierung sowie eine Neuregelung der Finanzierung erreicht werden können, hieß es in der Mitteilung.

Die zweitwichtigste Institution auf dem Land neben der katholischen Kirche

Im Einzelnen sieht die Rettung derzeit so aus: Ein Kreis von Kernbanken stellt einen Überbrückungskredit über 272 Millionen Euro zur Verfügung, zudem verzichten die wichtigsten Banken auf die Rückzahlung der bereits vorher vergebenen milliardenschweren Kredite. Außerdem geben die beiden Großaktionäre, die Bayerische Raiffeisen Beteiligungs-AG (BRB) und die österreichische Raiffeisen Agrar Invest (RAIG), Darlehen über 125 Millionen Euro. Zudem werden Überkreuzbeteiligungen aufgelöst, was der Baywa 120 Millionen Euro bringt. Insgesamt erhält das Unternehmen nach eigenen Angaben 547 Millionen Euro. Das ist eine gewaltige Summe. Das Geld soll in den nächsten Tagen fließen.

SZ PlusBaywa
:Wie eine Vorzeigefirma in die Existenzkrise geraten ist

„Die zweitwichtigste Institution neben der katholischen Kirche“: Die Baywa mit fast 24 Milliarden Euro Umsatz ist einer der größten Agrarhändler. Jetzt geht es ums Überleben – und nicht nur Banken und Bauern zittern.

Von Caspar Busse, Meike Schreiber

Die Baywa sei „die zweitwichtigste Institution auf dem Land neben der katholischen Kirche“, sagte im vergangenen Jahr noch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. In der Tat ist das Unternehmen in ganz Bayern und darüber hinaus vertreten. Vor allem für kleinere und mittlere Landwirte ist die Baywa wichtig, sie beziehen von ihr Maschinen und Saatgut und verkaufen ihr ihre Ernte. Darüberhinaus hat der Konzern in den vergangenen 15 Jahren unter der Leitung des früheren Konzernchefs Klaus Josef Lutz weltweit expandiert, engagierte sich etwa bei erneuerbaren Energien oder im Obsthandel in Neuseeland. Lutz wies im SZ-Interview zuletzt jede Verantwortung für die Krise von sich. Die Baywa-Aktie stürzte seit Juli ab.

Der frühere Baywa-Chef Kaus Josef Lutz mit seinem Nachfolger Markus Pöllinger (links). (Foto: Catherina Hess)

Nun soll die Unterstützung dafür sorgen, dass der für die Landwirtschaft und die Lebensmittelversorgung wichtige Konzern liquide bleibt. Doch wie es weitergeht, ist völlig offen. Das Sanierungsgutachten soll erst am 15. September fertig sein. Eine Zerschlagung gilt als nicht unwahrscheinlich. Ob die Einzelteile allerdings in dieser Krise gut verkäuflich sind, ist zweifelhaft. Immer wieder war auch über Staatshilfe für die Baywa diskutiert worden. Die Überbrückungsfinanzierung kommt offenbar ohne diese aus. Der aktuelle Vorstand ist nach Angaben von Insidern derzeit an den Rettungsgesprächen kaum beteiligt.

Der Großaktionär, die Bayerische Raiffeisen Beteiligungs-AG (BRB), gehört mehrheitlich den bayerischen Genossenschaftsbanken. Diese trifft die Krise hart. Offen ist zudem die Frage, wie es so weit kommen konnte. Klar ist, dass die Aufsicht offenbar nicht gut funktionierte. Genossenschaften, Politik und Baywa waren eng verquickt, die CSU mischte mit. Die Baywa ist mit 24 000 Mitarbeitern in mittlerweile in 50 Ländern aktiv. Die Finanzschulden liegen bei rund 5,5 Milliarden Euro, die Zinslast stieg rapide. Zudem laufen die eigentlichen Geschäfte schlecht. 2023 gab es Verluste, auch für 2024 sieht es alles andere als gut aus. Die Prognosen wurden zuletzt einkassiert. Die Lösung des Sanierungsfalls Baywa steht also erst am Anfang. Der Krimi wird weitergehen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivEx-Baywa-Chef
:„Ich will die ganze Wahrheit auf den Tisch legen“

Der langjährige Baywa-Chef Klaus Josef Lutz äußert sich erstmals zu dem Wirtschaftskrimi um den Milliardenkonzern und zu seinem Nachfolger. Und er berichtet von seinem größten Fehler.

Interview von Caspar Busse, Roman Deininger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: