BayernLB und Morgan Stanley:Banker Nimmersatt

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Das Geldgewerbe kennt keine Moral. Gerhard Gribkowsky von der BayernLB gesteht Bestechung, Dirk Notheis von Morgan Stanley ist wohl nicht mehr zu halten. Die Fälle sind Lehrbeispiele für einen Ego-Kapitalismus aus Eigennutz und Gewinnsucht.

Hans-Jürgen Jakobs

Der neue Chef der Deutschen Bank ist ein nachdenklicher Mann. Nachdenklicher jedenfalls, als ihn weite Teile der Öffentlichkeit sehen. Nachdenklicher auch, als er selbst vor einigen Jahren war, damals in der wilden Zeit des Investmentbankings mit immer neuen künstlichen Geldanlage-Produkten, die in Wahrheit Zockerpapiere waren. Und die von 2008 an eine andauernde Finanz- und Wirtschaftskrise zur Folge hatten.

Hier begann die Finanzkrise: Bild von der New Yorker Börse. (Foto: AP)

Heute findet Anshu Jain, der oberste Deutschbanker, in dieser Phase sei der Vertrag zwischen den Banken und der Gesellschaft gebrochen worden. Die Geldhäuser seien in Ungnade gefallen. Sie müssten Vertrauen zurückgewinnen.

Das alles ist kaum zu bestreiten. Und doch ist die Frage, wie das gelingen soll, wenn aus der Vergangenheit - auch aus der jüngeren - immer wieder Zeugnisse gigantischer Arroganz und Gier in die Gegenwart hineinragen? Wenn ein Menschenbild und soziales Verständnis deutlich wird, das die normative Kraft des Faktischen so interpretiert, dass Geld den Takt vorgibt und sich alle und alles anzupassen haben an Strategien höherer Bankmanager - die sich dafür üppige Boni genehmigen? Zuerst haben die Banker den Vertrag mit der Gesellschaft gekündigt, aus Eigennutz, der Gewinnsucht war. Dann kündigte die Gesellschaft.

Zwei Namen stehen aktuell für die Skrupellosigkeit einer in Verruf geratenen Branche: Gerhard Gribkowsky und Dirk Notheis. Sie sind Symbolfiguren der Nullerjahre, als die Finanzbranche boomte und Rekordrenditen hatte.

Bloß kein Provinzonkel sein

Gribkowsky wähnte sich in dieser Zeit als Wandler zwischen den Welten, als großer Dealmaker, der als Vorstand der öffentlichen Bayerischen Landesbank so alert sein wollte wie die Kollegen der großen Geldhäuser. Bloß kein Provinzonkel! Gribkowsky wollte aus der Insolvenzmasse des Medienhändlers Leo Kirch etwas machen und taktierte mit Anteilen an der Großmänner-Veranstaltung Formel 1 wild herum. Das Resultat: ein Geschäft im Sinne des Formel-1-Impresarios Bernie Ecclestone, was die Landesbank noch mit einer Extrazahlung an den Briten belohnte - und was am Ende zu einem schönen Beratervertrag Ecclestones für seinen deutschen Freund führte. Sport kann blutiger Kommerz, Bankwesen ein schmutziges Geschäft sein.

Erst der Lichtstrahl der Öffentlichkeit hinein in dieses Terrain sowie die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft haben bei Gribkowsky zu einem späten Geständnis geführt. Es gehört zur Ökonomie solcher Schattengeschäfte, im letzten Moment das Unvermeidliche zu tun. Sein persönlicher Nutzen war so groß, dass er wohl nicht zu früh durch Anerkenntnis von Schuld gemindert werden sollte.

Dirk Notheis wiederum hat - anders als Gribkowsky - nicht in einer Bank gearbeitet, deren Aufsichtsrat mit Politikern verziert war. Als Deutschland-Chef der New Yorker Investmentbank Morgan Stanley war er mitten drin in der Privatwirtschaft; doch machte das langjährige CDU-Mitglied seine Geschäfte oft mit Firmen, in denen der Staat mitmischt. Politische Kontakte waren Gold wert.

Und so hat Notheis seinen Freund Stefan Mappus beraten, als dieser Ministerpräsident war und Baden-Württemberg in den Aktionärskreis des Energiekonzerns EnBW brachte. Der Preis war so hoch, dass dies den Verkäufer Électricité de France genauso gefreut haben dürfte wie den Mittler Morgan Stanley. Die Bank verlangte knapp 13 Millionen Euro für ihre Dienste, die auch aus verräterischen E-Mails ihres Deutschland-Chefs bestanden. Mal nannte er die Kanzlerin "Mutti", mal versicherte er den Franzosen, Mappus könne "Angela mit seinen Truppen töten"; mal ermahnte er Mappus, auf keinen Fall einer anderen Bank ein Mandat zu geben. Hier ließ einer die Puppen tanzen. Das alles geschah 2010, weit nach der Finanzkrise.

Und, etwas gelernt?

Die Fälle Gribkowsky und Notheis sind Lehrbeispiele für einen Ego-Kapitalismus, der sich weit entfernt hat von den Regeln der Gesellschaft. Was hier wirkt, ist die große Moral des Fressens. Den Schaden hatten Land und Landesbank, also die Allgemeinheit. Und die beiden Fälle zeigen auch, dass es mit den checks and balances, der internen Kontrolle, oft nicht weit her ist. So können Charaktertypen ihre Schleifspur ziehen, die sich - wie bei Tom Wolfe - als "Master of the Universe" begreifen, als Weltenlenker.

Es ist weiter einiges im Argen zwischen Banken und Gesellschaft - was schlecht ist, weil jede Ökonomie eine seriös begleitende Geldwirtschaft braucht. Die Lösung? Nicht Verstaatlichung der Banken, sondern Gesetzestreue und Ethik. Wenn Topbanker nun Besserung geloben, wird man genau auf ihr Verhalten achten müssen. Haben sie es wirklich begriffen? Oder tun sie nur so? Es wird lange dauern, bis nach den Geschichten aus Nimmersattland die Bürger das Vertrauen in Banken wiedergefunden haben.

© SZ vom 22.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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