Süddeutsche Zeitung

BayernLB:Überlebenstraining in München

Personaleinschnitte, Anteilsverkäufe und ein neues Geschäftsmodell: Die BayernLB steht vor großen Veränderungen.

Thomas Fromm

Die BayernLB steht vor den wohl schwersten Wochen ihrer Geschichte. Einen Tag, nachdem klar wurde, dass die Landesbank 5,4 Milliarden Euro für das staatliche Rettungspaket in Anspruch nehmen wird, bereitet man sich im Haus auf immense Umbauarbeiten vor. "Wir schauen uns in den nächsten Wochen alles an", sagen Mitarbeiter.

Noch sei unklar, wie hoch der Anteil des Bundes bei der BayernLB sein werde. Zurzeit seien etliche Prüfer damit beauftragt, den tatsächlichen Wert der BayernLB zu berechnen.

Alles werde nun miteinander verrechnet - Gewinne, Verluste, Wertpapiere, Eigenkapital, Beteiligungen. "Erst danach kann der genaue aktuelle Wert festgelegt werden und der tatsächliche Anteil des Bundes bestimmt werden", heißt es.

Auf Schrumpfkurs

Die Personalkosten für die rund 19.000 Mitarbeiter gehörten ebenso auf den Prüfstand wie einzelne Beteiligungen. Die Umstrukturierungen sollen in drei Jahren mindestens 400 Millionen Euro einsparen helfen - Arbeitnehmervertreter rechnen daher damit, dass Hunderte von Jobs bei der BayernLB wegfallen werden. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert daher schon jetzt ein Rettungspaket auch für die Beschäftigten. "Bei staatlicher Unterstützung müssen Kündigungen und eine Mitfinanzierung des Schadens durch Beschäftigte ausgeschlossen werden", sagte Landesbezirksleiter Josef Falbisoner.

Klar ist: Die BayernLB wird auch ohne eine rasche Fusion mit der Landesbank Baden-Württemberg (LLBW) schrumpfen - auf welche Größe genau, wird frühestens Anfang Dezember fest stehen. Dann will die Bank in Berlin eine Überarbeitung ihres Geschäftsmodells vorstellen - und darlegen, welche Umstrukturierungen sie in den nächsten Wochen vornehmen will.

Die Bayerische Landesbank verfügt zurzeit über ein weitgespanntes Netz von Tochterunternehmen. Dazu gehören kleinere Banken wie die LB Swiss Privatbank, die BayernInvest Luxembourg ebenso wie große Töchter wie die Privat- und Firmenkundenbank DKB, die SaarLB, die ungarische MKB und die von Kärnten aus operierende Südosteuropa-Bank Hypo Group Alpe Adria.

"Ballast abwerfen"

Bislang hält sich Bankchef Kemmer bedeckt. Es werde "Ballast" abgeworfen, sagte er am Dienstagabend vor Journalisten in München. Was Kemmer will, ist klar: Die grundsätzliche Aufstellung seines Hauses behalten. Das Mittelstandsgeschäft vor allem in Bayern soll gestärkt werden, ebenso das Internetbanking über die Tochter Deutsche Kreditbank AG (DKB) und das als zukunftsträchtig geltende Osteuropageschäft der Tochter Hypo Group Alpe Adria. Mit anderen Worten: Alle anderen Bereiche dürften in den nächsten Wochen auf den Prüfstand gestellt werden.

In München bereitet man sich zugleich auf eine aufkeimende Debatte über weitere Fusionen auf dem Landesbankenmarkt vor. Zwar erklärte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Mittwoch, der Bund werde die staatlichen Hilfen nicht dafür nutzen, um Zusammenschlüsse von Landesbanken zu fordern.

Im Gegensatz zu den Bundesländern galt die Bundesregierung jedoch bis zuletzt als vehemente Verfechterin einer weitreichenen Konsolidierung im Landesbankensektor. Dies spielt vor allem den Sparkassen in die Hände. Vor allem die Sparkassenverbände von Baden-Württemberg und Bayern drängen auf eine zügige Fusion ihrer Landesbanken und die Schaffung einer "SüdLB". Gleichzeitig muss sich die BayernLB auf großen Druck aus Brüssel einstellen: Sie schloss nicht aus, dass durch staatliche Finanzspritzen eine Umstrukturierung der Bank nötig werde.

Kredite in Island

Beschäftigen dürfte die BayernLB in den kommenden Tagen und Wochen wohl auch die Frage, was aus ihren Geschäften in Island wird. Die BayernLB ist nach SZ-Informationen mit rund 1,5 Milliarden Euro im von der Staatspleite bedrohten Island engagiert. Dem Vernehmen nach soll es sich hierbei in erster Linie um sogenannte Interbankenkredite, also Kredite für andere Banken, sowie Staatsanleihen der Regierung handeln.

Die Geschäfte wurden demzufolge noch bis weit in den September hinein gemacht, also bis das Ausmaß der Krise des Landes bekannt wurde. Es habe sich dabei um "laufende Kreditverträge und fällige Tranchen" gehandelt, heißt es aus mit dem Vorgang vertrauten Kreisen. Insgesamt werden die Positionen in Island zurzeit mit rund 800 Millionen Euro bewertet. Sollte sich die Krise zuspitzen, könnten auf die BayernLB also weitere schwere Millionenbelastungen aus Island zukommen.

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Quelle:
SZ vom 23.10.2008/tob
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