BayernLB-Prozess:Freunde vor Gericht

Sie haben Milliarden versenkt: Der Prozess gegen Ex-Vorstände der BayernLB wegen der Übernahme der Hypo Alpe Adria beginnt. Zwei von ihnen sollen mit insgesamt 25 Millionen Euro haften. Andere Kollegen hingegen kommen wohl davon.

Klaus Ott

Viele Sitze bleiben leer. Dabei beginnt am Dienstag im Münchner Justizpalast einer der ersten großen Prozesse, seitdem in Deutschland viele Banken viele Milliarden Euro verloren haben und mit dem Geld der Steuerzahler gerettet wurden. Zwei Stuhlreihen sind für acht Manager (samt Begleitung) reserviert, die in einem dieser Fälle nun haften und viele Millionen Euro Schadensersatz zahlen sollen. Alle ehemalige Größen von Bayerns Landesbank. Doch nur einer der acht ist gekommen, eine Randfigur. Alle anderen Banker bleiben der Verhandlung am Landgericht fern. Sie haben sich von der Pflicht befreien lassen, persönlich zu erscheinen. Das geht bei solchen Verfahren. Hier haben erst einmal die Anwälte das Wort.

Michael Kemmer, ehedem Vorstandschef der bayerischen Staatsbank, muss sich um die Schuldenkrise in Europa kümmern und dort gute Ratschläge geben. Er führt die Geschäfte des Deutschen Bankenverbandes. Der Karren stecke "ziemlich tief im Dreck", nun seien "große Anstrengungen von allen Seiten erforderlich", sagt Kemmer am Dienstag im Deutschlandfunk. Das gilt dem Euro.

Auch sein Vorgänger bei der BayernLB, Werner Schmidt, fehlt bei Gericht. Ebenso wie die meisten Ex-Kollegen aus dem alten Vorstand der Landesbank, die nach dem Kauf der österreichischen Hypo Alpe Adria und bei Geschäften mit fragwürdigen US-Immobilienkrediten insgesamt zehn Milliarden Euro eingebüßt hat. 200 Millionen Euro Schadensersatz fordert die Bank, die dem Freistaat Bayern gehört, von ihrem alten Vorstand.

Das Gericht verweist auf den "politischen Druck"

Doch nur 25 Millionen Euro will das Landgericht der Landesbank zubilligen. Und nur Werner Schmidt und der Ex-Risiko-Vorstand Gerhard Gribkowsky sollen haften - diesen Kompromiss schlagen die Richter nun vor. Das gleicht einer Abfuhr für all jene, die der Ex-Bankspitze die Hauptschuld am Desaster zuschieben möchten. Das ist vor allem die Regierungspartei CSU. Das Gericht verweist ausdrücklich auf den "politischen Druck" in Bayern, der zum Kauf der Hypo Alpe Adria geführt habe.

Auch für die Staatsanwaltschaft wäre ein solcher Vergleich indirekt eine Niederlage. Die Ermittlungsbehörde will alle acht früheren Vorstandsmitglieder der BayernLB in einem Strafverfahren wegen des Reinfalls mit der Hypo Alpe Adria als Angeklagte vor Gericht bringen. Die Mannen um Schmidt und Kemmer hätten die in Österreich als Skandalfirma bekannte Hypo Alpe Adria nicht kaufen dürfen, so der Vorwurf.

Doch davon bleibt momentan nicht viel übrig. Das Landgericht sieht im Zivilverfahren nur eine leichte Fahrlässigkeit; bei Ex-Chef Schmidt und Gribkowsky. Vor allem Schmidt hatte, zusammen mit der Regierung von Edmund Stoiber, den Kauf der Hypo Alpe Adria betrieben. Gribkowsky sollte im Vorstand dafür sorgen, dass nichts anbrennt; er leitete die Risiko-Abteilung.

Dieser Gerhard Gribkowsky war im Jahr 2007, als die BayernLB die Hypo Alpe Adria übernahm, in Österreich auch privat zugange. Er gründete dort die Stiftung Sonnenschein, in die 44 Millionen Dollar flossen. Das Geld hatte Gribkowsky heimlich von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone und der Bambino-Stiftung kassiert, hinter der Ecclestones damalige Frau steht. Die BayernLB wiederum war vorher Hauptaktionär der Formel 1 gewesen - dann aber ausgestiegen, was Ecclestone gefiel. Dessen Dollar-Millionen für Gribkowsky flogen später auf.

Und die anderen Vorstände?

Jetzt steht der ehemalige Risiko-Vorstand der Landesbank in einem anderen Prozess wegen Bestechlichkeit, Untreue sowie Steuerhinterziehung als Angeklagter vor Gericht und muss mit bis zu zehn Jahren Haftstrafe rechnen. An diesem Mittwoch will Gribkowsky sein Schweigen brechen und womöglich ein Geständnis ablegen, um die Justiz etwas milder zu stimmen. Sein Vermögen hat er einstweilen bereits verloren, die Landesbank hat es arrestieren lassen. Wie also sollte Gribkowsky zusammen mit Ex-Chef Werner Schmidt nun auch noch 25 Millionen Euro Schadensersatz in der Causa Hypo Alpe Adria aufbringen? Gemach.

Die BayernLB hat eine Manager-Haftpflicht für die Vorstände abgeschlossen. Das meiste Geld müssten wohl die Versicherer zahlen, sofern sie mitspielen. Das ist in solchen Fällen durchaus üblich. Vor allem Werner Schmidt, der ein Vermögen von mehreren Millionen Euro besitzt, käme dann glimpflich davon. Angenommen, Schmidt und Gribkowsky haften persönlich mit jeweils ein bis zwei Millionen Euro und den Rest zahlen die Versicherer - dann könnte der frühere Vorstandschef seine Schuld über seine Pension abstottern, er könnte sein Vermögen behalten, und er bekäme sogar in einigen Jahren wieder sein Ruhegeld. Das wäre fürwahr kein schlechter Deal für den Pensionär vom Ammersee.

Die Landesbank behält seit Oktober 2010 sein Ruhegeld ein, die sich laut staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten auf jährlich 330 000 Euro vor Steuern beläuft. Diese Pension soll mit dem Schadensersatz verrechnet werden. Vom vorherigen Arbeitgeber, der Landesbank Baden-Württemberg, erhält Schmidt laut Ermittlungsakten ohnehin 320 000 Euro im Jahr vor Steuern. Und nun verklagt er sogar noch die BayernLB auf Auszahlung seiner Münchner Pension.

Ex-Minister Fahrenschon habe mehrere Banker "vom Haken gelassen"

Noch besser dran als Schmidt ist sein Nachfolger als Vorstandschef, Michael Kemmer. Der hat sich bei seinem Abschied aus der Landesbank von Bayerns damaligem Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) einen Aufhebungsvertrag geben lassen. Der Vertrag begrenzt Schadensersatzansprüche auf grobe Fahrlässigkeit oder gar strafbare Handlungen. Zahlungen für leichte Fahrlässigkeit, und nur eine solche sieht ja das Gericht derzeit, sind also ausgeschlossen.

Das hatte Fahrenschon noch zwei weiteren ausgeschiedenen Vorständen zugebilligt: Rudolf Hanisch, einst Amtschef von Ministerpräsident Stoiber; sowie Theo Harnischmacher, der für die Sparkassen im Vorstand der Landesbank saß. Fahrenschon habe die Manager "vom Haken gelassen", sagt ein Beteiligter. Inzwischen ist Fahrenschon Präsident des Deutschen Sparkassenverbandes - und auch hier unter Freunden.

Bis Ende Juli hat die BayernLB Zeit, sich zum Vergleichsvorschlag zu äußern. Nächster Verhandlungstag wäre, sofern nötig, der 23. Oktober. Wenn die Ex-Vorstände Glück haben, müssen sie auch künftig nicht im Justizpalast erscheinen.

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