BayernLB:Kein Stein auf dem anderen

Nach dem peinlichen Milliarden-Outing der BayernLB wird sich deren Strategie radikal ändern. Der Vorstand muss auf viel Geld verzichten - und Experten rufen bereits nach einer Privatisierung.

Am Tag eins nach dem Geständnis der BayernLB beginnen die Protagonisten, die Scherben zusammenzukehren. Wie die Zukunft der taumelnden Landesbank genau aussieht, vermag derzeit noch niemand zu sagen. Fest steht jedoch, dass sich einiges ändern wird in München. Der Bund als neuer starker Anteilseigner wird künftig ein deutliches Wörtchen mitreden dürfen. Die Zeit, in der die Münchner Banker problemlos schalten und walten konnten, dürfte erst einmal vorbei sein.

BayernLB: Steinlöwe vor der BayernLB-Zentrale: Vieles wird sich bei der Landesbank künftig ändern.

Steinlöwe vor der BayernLB-Zentrale: Vieles wird sich bei der Landesbank künftig ändern.

(Foto: Foto: dpa)

Nach ihrer Rettung stellt die angeschlagene Bank nun sämtliche Kosten auf den Prüfstand. "Wir werden uns alle Positionen anschauen", sagte ein Sprecher. Dazu gehören auch die Personalkosten für die rund 19.000 Mitarbeiter weltweit. Bereits am Dienstagabend war bekannt geworden, dass ein Stellenabbau wohl nicht zu vermeiden sei. Eine Größenordnung sei aber noch nicht bekannt, sagte der Sprecher. "Das muss mit Augenmaß geprüft werden." Die Gewerkschaft Verdi befürchtet jedoch bereits jetzt den Verlust mehrerer Hundert Arbeitsplätze. Insgesamt will die BayernLB in den nächsten drei Jahren 400 Millionen Euro einsparen. Bisher waren lediglich 150 Millionen Euro in den kommenden zwei Jahren vorgesehen.

Deftige Gehaltseinbußen

Wenn die Bank wie gewünscht aus dem Rettungspaket 5,4 Milliarden Euro vom Bund erhält, müssen außerdem die Gehälter der Vorstände gekürzt und Bonuszahlungen ganz gestrichen werden. Außerdem wird die Bank umstrukturiert. Das Mittelstandsgeschäft vor allem in Bayern soll gestärkt werden, ebenso das Internetbanking und das Osteuropageschäft. Andere Bereiche dürften auf dem Prüfstand stehen. Wie viele der 19.000 Mitarbeiter um ihre Stellen fürchten müssen, ist offen.

BayernLB-Chef Michael Kemmers darf zwar vorerst bleiben, der Banker muss jedoch mit empfindlichen Gehaltseinbuße rechnen. Kemmers direkter Vorgänger Werner Schmidt hatte 2007 ein Festgehalt von 1,226 Millionen Euro erhalten; hinzu kam ein Bonus von 239.000 Euro. Wie viel der seit Februar amtierende Kemmer genau verdient, konnte ein Sprecher der Bank am Mittwoch nicht sagen. Es gilt jedoch als wahrscheinlich, dass das Gehalt des 51-Jährigen nicht wesentlich unter dem seines Vorgängers liegen dürfte. Auch Kemmers Stellvertreter Theo Harnischmacher und Rudolf Hanisch müssen sich auf eine Halbierung ihrer Bezüge einstellen: Sie verdienten laut dem Geschäftsbericht im Jahr 2007 ein Festgehalt von 1,044 Millionen Euro, hinzu kam ein Bonus von 230.000 Euro.

Die Eigenständigkeit der bayerischen Bank soll erst einmal gewahrt werden. Denn der Bund will die Milliarden-Kapitalspritze nicht nutzen, um eine Fusion mit einer anderen Landesbank durchzudrücken. Ein Sprecher des Finanzministeriums verwies auf entsprechende Äußerungen von Ressortchef Peer Steinbrück. Dieser habe deutlich gemacht, dass der Stabilisierungsfonds, über den die Kapitalhilfe laufen werde, nicht das Instrument für Strukturänderungen wie Fusionen sein solle. Die entscheidende Rolle für solche Bestrebungen läge weiterhin bei den aktuellen Eigentümer. Im Fall der BayernLB sind dies das Land und die bayerischen Sparkassen.

Sinn fordert Privatisierung

Im Zuge der Rettungsaktion muss die BayernLB mit harten Auflagen aus Brüssel rechnen. Wenn die bayerische Landesbank eine Kapitalerhöhung in Anspruch nehme, müsse sie innerhalb von sechs Monaten einen Umstrukturierungsplan bei der EU-Kommission vorlegen, sagte der Sprecher von Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Der Freistaat Bayern und der Sparkassenverband hatten der BayernLB zuvor eine Kapitalerhöhung in Höhe von einer Milliarde Euro zugesagt. Damit droht neuer Streit: Die EU-Kommission und die Bundesregierung ringen bereits seit Jahren um die Neuordnung der angeschlagenen deutschen Landesbanken.

Keine gesonderte EU-Genehmigung sind für die 5,4 Milliarden Euro nötig, die die BayernLB aus dem Rettungsschirm der Bundesregierung in Anspruch nehmen will. Dafür reiche ein positives Votum der EU-Kommission für das gesamte deutsche Rettungspaket von knapp 500 Milliarden Euro aus, sagte der Kroes-Sprecher. Nach seinen Angaben wurde noch am Mittwoch in Brüssel eine Anmeldung der Hilfen durch die Bundesregierung erwartet. Eine Entscheidung könnte dann am Donnerstag fallen.

Unterdessen hat Hans-Werner Sinn, der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, die Notwendigkeit einer Privatisierung der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute betont. "Die Zeit der Landesbanken hat sich überlebt, sie sollten privatisiert werden", forderte Sinn. Sie seien kein Hort der Stabilität.

Sparkassen wollen nicht aussteigen

Von einer Fusion zweier Landesbanken hält Sinn nichts. Stattdessen sprach sich der ifo-Präsident für "vertikale" Zusammenschlüsse zwischen Sparkassen und Landesbanken aus, die sich gegenseitig ergänzen könnten. Zugleich warf er den Landesbanken ein teils "dubioses" Vorgehen im Investmentbanking vor. So sei die WestLB mit asiatischen Engagements in den Sog der Asien-Krise geraten. Solche Aktivitäten sollten privaten Banken überlassen bleiben, sagte Sinn.

Der bayerische Sparkassenpräsident Siegfried Naser will dagegen die derzeitige Strategie nicht aufgeben. "Wenn man an einem Unternehmen beteiligt ist, das 35 Jahre gut gelaufen ist, ist es das Dümmste, im 36. Jahr im Umfeld einer Finanzkrise bei niedrigen Kursen auszusteigen", sagte Naser. Die genaue Höhe des Verlusts lässt sich nach Darstellung von Naser noch nicht beziffern, weil dies auch von den täglichen Entwicklungen an den Kapitalmärkten abhänge. "Darum ist eine Zahlendiskussion, wer hat wann was gewusst auch letzen Endes idiotisch, weil man nie weiß, wie sich die Märkte entwickeln."

Am Dienstagabend hatte die BayernLB nach tagelangen Spekulationen einen Kapitalbedarf von insgesamt 6,4 Milliarden Euro bekanntgegeben. Davon soll der Bund 5,4 Milliarden Euro frisches Eigenkapital beisteuern. Die restliche Milliarde wollen sich als Eigentümer der Freistaat Bayern und die bayerischen Sparkassen teilen. Davon entfallen 700 Millionen auf den Freistaat und 300 Millionen Euro auf die Sparkassen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: