Prozess:Ex-Vorstände der BayernLB sollen bis zu zehn Millionen Euro zahlen

Streit zwischen BayernLB und Ex-Tochter HGAA

Das Wappentier Bayerns vor der Zentrale der BayernLB.

(Foto: Tobias Hase/dpa)
  • Das Landgericht München sieht in der Übernahme der maroden Hypo Alpe Adria nach vorläufigen Bewertungen eine Pflichtverletzung der damaligen BayernLB-Vorstände.
  • Die Übernahme aus dem Jahr 2007 hatte sich bald als Milliardengrab entpuppt, die BayernLB verklagte den Vorstand auf 200 Millionen Euro.
  • Nun hat das Landgericht einen Vergleich vorgeschlagen: 60 bis 70 Millionen Euro sollen die Versicherungen zahlen, sieben bis zehn Millionen die Vorstände.

Von Harald Freiberger

Es fing damit an, dass man sich nicht verstand. Der Saal 301 des Landgerichts München I befindet sich über dem Lenbachplatz, über den ein unendlicher Verkehr geht inklusive Straßenbahnlärm und Polizeisirenen. Die Fenster sind schlecht isoliert, Lautsprecher gibt es nicht. "Man kann Sie nicht verstehen, so geht das nicht", ruft ein Anwalt nach vorn zum Gutachter. "Ich kann aber nicht lauter reden", gibt der zurück.

Schon am Anfang stellt sich damit die Frage, ob der Prozess überhaupt weitergehen kann. Die Vorsitzende Richterin Isabel Liesegang behilft sich damit, dass sie den Zeugentisch drehen lässt, so dass der Gutachter seitlich zur Verteidigung spricht. So zäh wie der Prozesstag beginnt, so zäh ist das gesamte Verfahren. Man glaubt es kaum, dass in der Sache Landesbank Bayern und Hypo Alpe Adria immer noch ermittelt wird, zwölf Jahre, nachdem die Misere begonnen hatte. 2007 übernahm die Bayern-LB das Institut aus Kärnten, das sich bald als Milliardengrab entpuppte, weil sich viele faule Kredite in ihren Büchern befanden. 3,7 Milliarden Euro verlor die Bayern-LB, bis sie die marode Bank an den österreichischen Staat zurückgab.

In dem dicken Wälzer der Berater fanden sich fragwürdige Kennziffern

Für die Beteiligten ist die Sache noch nicht abgeschlossen. Die Bayern-LB verklagte den Vorstand auf 200 Millionen Euro, er soll für die teure Fehlentscheidung haften. Bankchef war damals Werner Schmidt, mit ihm sind sechs weitere Führungskräfte begeklagt, unter ihnen der spätere Chef Michael Kemmer. Einer von ihnen, Theo Harnischmacher, ist inzwischen verstorben.

So zäh, wie es anfängt, geht es den Vormittag über weiter. Die zentrale Frage ist, ob die Beklagten nicht wissen hätten müssen, was sie da kauften. Gutachter ist der Wirtschaftsprüfer Matthias Popp, ein selbstbewusster Mann mit schwäbischem Akzent: "Ich stelle die Dinge so dar, wie ich sie darstelle", sagt er einmal auf den Einwand eines Anwalts. Fünf Jahre lang hat Popp an seinem Gutachten gearbeitet. Die Details sind ermüdend, das Ergebnis ist brisant: In dem dicken Wälzer, den Berater der Hypo Alpe Adria für den interessierten Käufer erstellt hatten, befanden sich wichtige Kennziffern, die nach Ansicht des Gutachters nicht ausreichend erklärt waren und hätten hinterfragt werden müssen. Beispiele sind die Annahmen über die Entwicklung der Zinseinnahmen und der sogenannten Risiko-gewichteten Aktiva, im Kern also die vergebenen Kredite.

13 Anwälte und Sachverständige sitzen auf der Seite der Begeklagten. Sie versuchen die Argumentation des Gutachters zu erschüttern, ohne dass ihnen das gelänge. Und so verkündet Richterin Liesegang nach der Mittagspause überraschend, die Kammer habe sich einen Vergleich überlegt, der den Komplex nach zwölf Jahren einem Ende näher bringt. "Nach vorläufiger Bewertung gibt es für uns Anhaltspunkte, dass wir eine Pflichtverletzung des Vorstands sehen", sagt sie, er habe "aufgrund unvollständiger Unterlagen gehandelt".

Der Vorschlag des Gerichts sieht so aus, dass die Managerhaftpflichtversicherungen, die die BayernLB abgeschlossen hatte, 60 bis 70 Millionen Euro zahlen und die Vorstände zusammen sieben bis zehn Millionen Euro. Sie sollen auf die Hälfte dessen verzichten, was ihnen an Gehalt und Altersbezügen zusteht. Die Bayern-LB fror 2010 alle Zahlungen ein. Bei Ex-Chef Werner Schmidt beläuft sich dies laut der Richterin inzwischen auf drei Millionen Euro. Er müsste demnach mit 1,5 Millionen Euro haften. Im 2014 abgeschlossenen Strafprozess wurde Schmidt zu 18 Monaten Bewährungsstrafe und zur Zahlung von 100 000 Euro verurteilt, die anderen Vorstände kamen mit Vergleichssummen zwischen 5000 und 20 000 Euro davon.

Jetzt sollen sich die Anwälte über den Anteil jedes Einzelnen einigen. Die zentrale Rolle spielen die Versicherungen. Die Befragung des Gutachters geht am 4. April weiter, dabei könnte der Verkündungstermin bekannt werden. Richterin Liesegang will dann in ein anderes Gerichtsgebäude wechseln. Über dem Lenbachplatz ist es ihr zu laut.

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