Süddeutsche Zeitung

Bayer:Gemunkel um Glyphosat

Lesezeit: 2 min

Der Konzern könnte den tausendfachen Rechtsstreit um den Unkrautvernichter mit einem Milliardenvergleich beilegen, hoffen Investoren. Nun kursiert eine mögliche Summe.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Aktionäre von Bayer dürfen hoffen, dass der Pharma- und Chemiekonzern den Rechtsstreit um das Unkrautbekämpfungsmittel Glyphosat beenden könnte - vielleicht sogar für weniger Geld als befürchtet: Bayer könne die Konflikte möglicherweise für zehn Milliarden US-Dollar beilegen, berichtet die Finanz-Nachrichtenagentur Bloomberg. Die Summe könnte sich aber noch ändern, Verhandlungen seien nicht abgeschlossen. Aktien des Konzerns gewannen am Freitag bis zu drei Prozent an Wert. Analysten hatten zuvor erwartet, dass ein Vergleich bis zu 20 Milliarden Dollar kosten könnte.

Für Bayer wäre ein solcher Kompromiss der vorläufige Schlussstrich nach Monaten voller Klagen und Kritik. Der für sein Kopfschmerzmittel Aspirin bekannte Konzern hatte die US-Firma Monsanto, die Saatgut und Pflanzenschutzmittel herstellt, 2018 für mehr als 55 Milliarden Euro gekauft. Es war die größte Übernahme, die ein deutscher Konzern je im Ausland gewagt hat.

Doch kaum hatte Bayer die Übernahme abgeschlossen, häuften sich die Probleme: In den USA haben mittlerweile mehr als 42 000 Menschen gegen Monsanto geklagt, weil sie Glyphosat-basierte Pflanzenschutzmittel für Krebserkrankungen verantwortlich machen. Kanzleien warben in Fernsehspots dafür, dass potenziell Betroffene klagen sollten. Führende Umweltbehörden weltweit hingegen halten den Wirkstoff nicht für krebserregend und haben entsprechende Produkte für den Verkauf zugelassen.

Dennoch gingen alle drei Prozesse in Kalifornien in erster Instanz zugunsten der Kläger aus, Bayer wurde zu mehreren Millionen Dollar Schadenersatz verurteilt. An der Börse verlor der Konzern zwischenzeitlich 30 Prozent an Wert. Zwar haben die Leverkusener in allen Fällen Berufung eingelegt. Gleichwohl kritisierten Investoren, dass Bayer die Risiken der Übernahme unterschätzt habe. In St. Louis, dem Stammsitz von Monsanto, soll nun ein vierter Glyphosatprozess beginnen.

Seit vorigem Sommer verhandelt der US-Jurist Kenneth Feinberg zwischen Bayer und den Klägeranwälten. Vorige Woche äußerte sich Feinberg "verhalten optimistisch", dass sich beide Parteien etwa binnen eines Monats einigen könnten.

Bloomberg zufolge könnte Bayer nun acht Milliarden Dollar zur Seite legen, um derzeit anhängige Fälle zu lösen - sowie weitere zwei Milliarden Dollar für mögliche, künftige Klagen. Die Anwälte einiger Kläger diskutieren mit dem Konzern über Vereinbarungen, die zu solchen Summen führen könnten, heißt es in dem Bericht.

Bayer betont, dass es keine Gewissheit oder einen genauen Zeitplan gebe. "Die Mediation wird gewissenhaft und zielorientiert fortgesetzt", teilen die Leverkusener mit, "um eine Lösung unter der Aufsicht von Ken Feinberg auszuloten".

Vorstandschef Werner Baumann hatte im Herbst Bedingungen genannt, unter denen Bayer einem Vergleich zustimmen könnte: Dieser müsste "wirtschaftlich akzeptabel" sein, so der Manager, zudem bräuchte Bayer "weitestgehende Sicherheit", dass ein Vergleich auch künftige Klagen ausschlösse.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4770470
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 25.01.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.