Bayer:Aufreger im Glyphosat-Verfahren

Im Prozess gegen Bayer missachte die Klägerseite die Reihenfolge, kritisiert der Richter.

Der Prozess um glyphosathaltige Produkte der Bayer-Tochterfirma Monsanto beginnt mit einem Eklat: Der zuständige Bundesrichter Vince Chhabria hat der Klägerseite mit Sanktionen gedroht, weil sie gegen die Prozessordnung verstoße. Klägeranwältin Aimee Wagstaff sei gezielt vom Thema abgewichen, kritisiert der Richter, um die Jury in unzulässiger Weise zu beeinflussen.

Es ist der Auftakt einer Verhandlung, die für den Bayer-Konzern aus Leverkusen, der Monsanto im vergangenen Jahr für mehr als 50 Milliarden Euro übernommen hat, hochbrisant ist. Kläger Edwin Hardeman macht das Unkrautbekämpfungsmittel Roundup mit dessen Wirkstoff Glyphosat dafür verantwortlich, dass er an Lymphdrüsenkrebs erkrankt ist. Der Hersteller Monsanto habe diese Risiken bewusst verschwiegen, so der Vorwurf.

Richter Chhabria hatte im Januar entschieden, das Musterverfahren in San Francisco in zwei Teile zu trennen: Zuerst soll es um die Frage gehen, ob besagte Produkte von Monsanto krebserregend seien. Nur falls die Klägerseite dies ausreichend belegen kann, würde anschließend verhandelt, ob das Unternehmen Risiken verschwiegen hat. Wagstaff habe sich in ihrem Auftakt-Plädoyer nicht an diese vorgegebene Linie gehalten, kritisierte Chhabria.

Der Richter ordnete an, dass die Klägeranwältin noch im Laufe des ersten Prozesstages eine Erklärung zu ihrem Verhalten abgeben solle. Zu ihrer Verteidigung schrieb Wagstaff, dass sie sich den Anweisungen des Gerichts zu keinem Zeitpunkt widersetzt habe, obwohl sie oft unterbrochen worden sei, ohne dass die Verteidigung dies gefordert hätte. Chhabria führte laut Prozessbeobachtern ein insgesamt striktes Regime. Er wies auch Bayers Anwalt Brian Stekloff an, bestimmte Unterlagen seiner Präsentation nicht der Jury zu zeigen.

Die Causa Hardeman ist ein sogenannter "Bellwether Case": ein Musterfall in einem Massenverfahren, der richtungsweisend für viele weitere Klagen ist. Insgesamt steht Bayer in den USA etwa 9300 Klägern gegenüber, Hunderte Fälle sind bei Richter Chhabria gebündelt. Im September hatte der Konzern bereits eine Niederlage vor einem anderen US-Gericht erlitten, diese Entscheidung ging jedoch in Berufung.

Bayer weist die Anschuldigungen zurück. "Während wir großes Mitgefühl mit Herrn Hardeman haben, unterstützt die umfangreiche wissenschaftliche Forschung zu glyphosat-basierten Herbiziden über vier Jahrzehnte hinweg die Schlussfolgerung, dass Roundup nicht für seine Krankheit verantwortlich ist", teilt der Konzern mit. Er verweist auf Hunderte Studien, die belegen sollen, dass der Unkrautvernichter sicher ist - bei sachgerechter Anwendung.

Die Kläger stützen sich ebenfalls auf Studien, zuvorderst auf die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Monsantos Unkrautvernichter 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" für Menschen einstufte.

Im ersten Prozess vor Chhabrias Gericht sollen etliche Experten zum Thema aussagen. In den nächsten Wochen will der Bundesrichter an je vier Tagen pro Woche etwa sechs Stunden lang verhandeln. Insgesamt geht das Gericht davon aus, dass der Prozess vier bis fünf Wochen dauern wird.

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