Bayer:Ärger auf dem Acker

Bayer: Das Bayer-Werk am Stammsitz in Leverkusen.

Das Bayer-Werk am Stammsitz in Leverkusen.

(Foto: Martin Meissner/AP)

Das schwache Agrargeschäft belastet Bayer. Der Dax-Konzern muss zudem mehr Geld für Glyphosat-Klagen zurückstellen. Vorstandschef Baumann will sparen und rechnet mit einem Stellenabbau.

Von Elisabeth Dostert, München

Der Unkrautvernichter Glyphosat kommt den Dax-Konzern Bayer noch teurer zu stehen als bisher veranschlagt. Die Rückstellungen für "mögliche künftige Roundup-Klagen" würden auf rund zwei Milliarden Dollar aufgestockt, teilte der Konzern mit. Roundup ist der Produktname des Herbizids, Glyphosat der Wirkstoff. Die im Sommer veröffentlichte Grundsatzvereinbarung sah 1,25 Milliarden Dollar vor. Dagegen hatte US-Bezirksrichter Vince Chhabria Bedenken geäußert. Das Gericht zweifelte an der Fairness und Angemessenheit. Gemeinsam mit den Klägeranwälten arbeite Bayer an einem "konstruktiven Vorschlag, um die Kritikpunkte des Gerichts zur Zufriedenheit aller Parteien zu lösen", so Bayer. Es seien Fortschritte erzielt worden. Mit einer formellen Vereinbarung und der vorläufigen Genehmigung rechnet Bayer-Vorstandschef Werner Baumann in den nächsten Wochen.

Für etwa 88 500 der im Juni auf insgesamt 125 000 veranschlagten eingereichten und nicht eingereichten Klagen habe Bayer inzwischen einen verbindliche Vergleich geschlossen, sei dabei, diesen zu schließen oder habe sich dem Grund nach geeinigt. Bayer hatte für solche Fälle bereits im Juni insgesamt 9,6 Milliarden Dollar veranschlagt.

Immer deutlicher erweist sich das Agrargeschäft als große Belastung für den Konzern. Im dritten Quartal 2020 sank der Umsatz um 13,5 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro. Bereinigt um Veränderungen im Portfolio sowie Währungsverluste und -gewinne lag der Rückgang noch bei gut fünf Prozent. Der Verlust vor Zinsen und Steuern lag bei 9,4 Milliarden Euro, vor Jahresfrist stand da noch ein Plus von 1,2 Milliarden Euro. Für die ersten neun Monate weist der Konzern operativ einen Verlust von 17,7 Milliarden Euro aus, nach einem Plus von 3,8 Milliarden Euro im gleichen Vorjahreszeitraum.

Vorstandschef Baumann verteidigt Übernahme von Monsanto

Am Dienstag gab der Aktienkurs zeitweise deutlich nach. An der Börse ist der Konzern noch gut 40 Milliarden Euro wert. Seit Baumann im Mai 2016 die Übernahme von Monsanto ankündigte, hat sich der Börsenwert mehr als halbiert. Der Grund: Mit Monsanto holte sich Bayer auch Glyphosat und die rechtlichen Folgen ins Haus. Der Kaufpreis lag bei rund 63 Milliarden Dollar.

Strategisch hält Baumann die Übernahme nach wie vor für eine richtige Entscheidung. Er fühlt sich durch die Corona-Pandemie bestätigt. "Nie zuvor ist die Bedeutung unserer Geschäftsfelder - Gesundheit und Ernährung - so deutlich geworden wie in dieser Zeit", sagt Baumann in einer Telefonkonferenz. Er sei "sehr zuversichtlich" für das Agrargeschäft. "Das sind wir immer gewesen. Daran hat sich nichts geändert, und daran ändert sich ausdrücklich auch nichts aufgrund der derzeitigen Krise", sagt Baumann.

Schon Ende September hatte Bayer eine Gewinnwarnung für das Jahr 2021 gegeben und zusätzliche Belastungen für 2020 angekündigt, die Baumann und sein Finanzvorstand Wolfgang Nickl am Dienstag in Teilen präzisierten. Im Agrargeschäft nimmt Bayer nicht zahlungswirksame Wertberichtigungen von 9,3 Milliarden Euro vor. Sie liegen am oberen Ende der angekündigten Spanne eines mittleren bis oberen Milliardenbereichs. Bayer macht der Kurseinbruch der brasilianischen Währung und der Preisverfall für Saatgut zu schaffen. Die Bauern in den USA bauen weniger Baumwolle und Mais an. Es gab deutlich mehr Retouren von Saatgut. Bayer verkaufte auch weniger Herbizide. Weder Baumann noch Nickl wollten aufdröseln, welcher Anteile der Wertberichtungen auf mit Monsanto erworbenes Geschäft entfällt. "Das lässt sich so genau nicht mehr sagen, was Monsanto und was Bayer ist. Wir haben ein Crop Science Geschäft", sagte Nickl.

Das Ergebnis vor Zinsen, Abschreibungen und vor Sondereinflüssen im Agrargeschäft war im dritten Quartal mit 34 Millionen Euro im Minus, vor Jahresfrist hatte Bayer noch eine halbe Milliarde Euro verdient. Deutlich besser lief das Pharmageschäft, wo sich das Ergebnis vor Zinsen, Abschreibungen und Sondereinflüssen mit 1,5 Milliarden Euro auf Vorjahreshöhe bewegte.

Bayer muss noch mehr sparen, wie schon Ende September angekündigt. "Wir gehen auch davon aus, dass es zu Stellenstreichungen kommt", sagte Baumann am Dienstag. Eine Größenordnung könne er noch nicht nennen. Schon das 2018 lancierte Sparprogramm sieht den Abbau von 12 000 Stellen vor und ist nicht abgeschlossen. Bayer prüft auch die Trennung von Geschäftsbereichen, die nicht zum Kerngeschäft gehören. Auch dazu wollten die Manager keine Einzelheiten nennen.

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