Bauwirtschaft:Das Weihnachtsgeld kann gekürzt werden

In der krisengeschüttelten Bauwirtschaft sind künftig erstmals ohne besonderen Grund Abstriche beim Tarifvertrag möglich. Nach der Industriegewerkschaft Bau stimmten nun auch die beiden großen Arbeitgeberverbände der Vereinbarung zu.

Damit kann nun in einzelnen Unternehmen das Weihnachtsgeld gekürzt werden, wenn sich Geschäftsführung und Betriebsrat einig sind. Die Regelung gilt nur für die Bauwirtschaft in Westdeutschland mit ihren 600 000 Beschäftigten. In den neuen Ländern wird ohnehin kein 13. Monatsgehalt gezahlt.

Mit großer Mehrheit gebilligt

Der Kompromiss war vor zwei Wochen unter Leitung des CDU-Politikers Heiner Geißler ausgehandelt worden. Die Tarifkommission der IG Bau stimmte bereits am Dienstag zu. Im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes und im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie wurde das Abkommen dann auf regionaler Ebene ebenfalls mit großer Mehrheit gebilligt.

Im Durchschnitt liegt das Weihnachtsgeld bei 55 Prozent eines regulären Monatsgehalts, was bei Facharbeitern etwa 1375 Euro entspricht. Mit der Öffnungsklausel betreten beide Seiten tarifpolitisches Neuland. Auf diese Weise sollen Unternehmen, die in Schwierigkeiten stecken, von den Grundsatz-Vereinbarungen abweichen können.

Ohne Vereinbarung volles Weihnachtsgeld

Die Entscheidung über die Höhe des 13. Monatsgehalts liegt letztlich allein bei Geschäftsführung und Betriebsrat. Allerdings wurde festgelegt, dass auf jeden Fall 780 Euro gezahlt werden müssen. Ohne betriebliche Vereinbarungen bleibt es beim vollen Weihnachtsgeld.

Der neue Tarifvertrag tritt an diesem Freitag in Kraft. Damit sind bereits beim diesjährigen Weihnachtsgeld Ausnahmen möglich: Das 13. Monatsgehalt wird in der Bauwirtschaft in der Regel in zwei Etappen ausgezahlt, Mitte Dezember und Mitte April.

Zugleich wurde von IG Bau und Arbeitgebern auch eine neue Mindestlohnvereinbarung gebilligt. Demnach liegt der garantierte Stundenlohn für Facharbeiter in den neuen Ländern künftig nur noch bei 9,65 Euro. Bisher waren es 10,01 Euro. Die Mindestlöhne in Westdeutschland und Berlin bleiben unverändert: 12,47 Euro für Fach- und 10,36 Euro für Hilfsarbeiter.

Billiglohnkonkurrentz soll abgewehrt werden

Mit den Garantiesätzen soll vor allem Billig-Konkurrenz aus Osteuropa abgewehrt werden. Die Kontrolle bereitet jedoch erhebliche Schwierigkeiten. Die Bauwirtschaft steckt bereits seit Jahren in der Krise. Nach offiziellen Angaben sind derzeit mehr als 270 000 Bauarbeiter arbeitslos gemeldet, davon 153 000 in den neuen Ländern.

Die Beschäftigtenzahl ging auf nur noch 800 000 zurück. Im nächsten Jahr wird nochmals der Verlust von mehreren zehntausend Stellen erwartet. Probleme bereiten vor allem die illegale Konkurrenz aus osteuropäischen Ländern wie Polen, Russland und Weißrussland. Nach Schätzungen sind mehr als 200 000 ausländische Bauarbeiter illegal in Deutschland tätig.

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