Recycling von Baumaterial:Seehofers Schutthaufen

Bauschutt

Übrig bleibt Bauschutt: In Ludwigshafen wird eine Hochstraße abgerissen.

(Foto: Uwe Anspach/dpa)

Nach ewigen Verhandlungen wollten Bund und Länder nun reformieren, wie Baumaterial recycelt wird. Doch der Bauminister blockiert das Projekt - zum Ärger auch der Industrie.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Am Freitag rebelliert dann auch der Wirtschaftsrat der Union - gegen einen Unions-Politiker: Horst Seehofer. Der CSU-Mann ist schließlich nicht nur Innen-, sondern auch Bauminister. Und als solcher blockiert er gerade das Ergebnis 15 Jahre langer Verhandlungen. Es geht buchstäblich um jede Menge Schotter.

Denn der Streit tobt um neue Regeln zum Recycling von Baumaterial. Was nach einer Nebensache klingt, steht für etwas mehr als die Hälfte aller Abfälle in Deutschland. Bisher werden diese Abfälle auch fleißig recycelt. Ein Teil davon wird zu neuem Baumaterial verarbeitet, anderes landet als Schotter im Straßenbau oder in Baugruben. Rund 90 Prozent dieser "mineralischen Abfälle" wird so verwertet. Doch welche Schadstoffe so in Böden oder neuen Baustoffen landeten, interessierte bisher kaum jemanden. War halt Schutt. Und was mit dem zu geschehen hat, dafür hatte sowieso jedes Bundesland seine eigenen Vorgaben.

Eine Mantelverordnung sollte das ändern, unter anderem mit einer bundeseinheitlichen "Ersatzbaustoffverordnung" und mit Auflagen für den Bodenschutz. Die Koalition hatte sich fest vorgenommen, das noch auf den Weg zu bringen, zumal nach so vielen Jahren der Verhandlungen. Der Bundesrat stimmte im November einem Kompromiss zu, nur noch das Bundeskabinett fehlte. Dann meldete sich Seehofer.

In dem Beschluss des Bundesrates, so beklagt der Bauminister, hätten sich am Ende noch Änderungen ergeben, mit denen "negative Auswirkungen - unter anderem auf die Bezahlbarkeit des Bauens - zu erwarten sind", schrieb Seehofer jüngst an Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). "Daher besteht Nachbesserungsbedarf am Verordnungsentwurf." Und nicht nur das - auch eine erneute Befassung des Kabinetts werde nötig, "im ordentlichen Verfahren": mit Anhörung und allem Drum und Dran. Das wäre es dann für diese Legislaturperiode gewesen. Zuvor hatte Schulze noch versucht, Seehofers Sorgen mit einer Protokollerklärung aufzufangen - samt Zusage, dass man negative Folgen im Blick behalte. Vergebens.

Tatsächlich fürchtet vor allem die Bauwirtschaft teuren Mehraufwand. Bauschutt, der sich bisher bedenkenlos weiterverwenden ließ, müsste plötzlich auf Deponien. Dort aber könnte der Platz knapp und teuer werden. Selbst vor Klimafolgen warnt die Branche - schließlich müsste mehr Schutt mit Lastwagen zu den Deponien gekarrt werden. Eine Allianz um den Industrieverband BDI appellierte dagegen in Briefen an Seehofer und seine Unionskollegen, die Mantelverordnung auf den Weg zu bringen. Man teile nicht die Sorgen, dass damit ein "Deponienotstand" drohe. Wichtiger sei endlich eine bundeseinheitliche Regelung.

So sieht das auch der Wirtschaftsrat der Union. Werde die Mantelverordnung nicht vor Ende der Legislaturperiode verabschiedet, drohe "ein herber Rückschlag für die Kreislaufwirtschaft in Deutschland", warnt Generalsekretär Wolfgang Steiger. Dann bleibe es bei einem "föderalen Flickenteppich".

Doch genau das könnte nun passieren. Vorigen Mittwoch befasste sich auch der Bayerische Landtag mit dem Thema. In einem Dringlichkeitsantrag verlangte er von der Landesregierung, eine Öffnungsklausel für die Länder durchzusetzen - "damit der bewährte Bayerische Verfüll-Leitfaden weiterhin angewandt werden kann".

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