Süddeutsche Zeitung

Baurecht:Hilfe bei Pfusch

Der Weg zum Eigenheim ist schwer in Deutschland. Oft gibt es Ärger mit Handwerkern. Nun sollen Bauvertragsrecht und Mängelhaftung besser werden.

Von Thomas Öchsner, Berlin

In den eigenen vier Wänden zu leben - davon träumen viele Deutsche. Doch der Weg zum Eigenheim ist schwer, vor allem, wenn ein Haus neu gebaut wird oder ein altes Gebäude komplett renoviert wird. Dann müssen die Bauherrn oder Baufrauen die geeigneten Handwerker finden, und dann gibt es nicht selten Ärger, weil später Baumängel auftauchen oder Termine nicht eingehalten werden. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will deshalb den Verbrauchern mit einem neuen Gesetz helfen und damit das Bauvertragsrechts und die Mängelhaftung verbessern.

In dem Gesetzesentwurf, den das Ministerium am Donnerstag an die Verbände weiterleitete, heißt es: Wesentliche Fragen des Bauvertragsrechts seien "nicht gesetzlich geregelt, sondern der Vereinbarung der Parteien und der Rechtsprechung überlassen". Dies sei vor allem für bauwillige Verbraucher "problematisch, da sie in der Regel nicht die Verhandlungsmacht haben, um für sich günstige Vertragsbedingungen auszuhandeln".

Schon im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD deshalb Verbesserungen vereinbart. Speziell für klassische Häuslebauer (und nicht für Investoren, die mit Immobilien Geld verdienen) hat das Ministerium nun ein Paket von Änderungen für das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geschnürt. Die Vorschläge reichen dabei weit: So werden Unternehmer verpflichtet, "dem Verbraucher vor Vertragsabschluss eine Baubeschreibung zur Verfügung zu stellen". Diese gehört künftig grundsätzlich zum Bauvertrag, der auch verbindlich regeln muss, wann der Bau vollendet sein soll. Justiz-Staatssekretär Ulrich Kelber begründet dies so: "Verbraucher, die sich den Traum vom Eigenheim erfüllen, gehen dabei oft an die Grenzen ihrer wirtschaftlichen Ressourcen. Schon eine Überschreitung der Baukosten von zehn oder 15 Prozent kann für sie zu ganz erheblichen finanziellen Schwierigkeiten führen." Für dieses Risiko soll das Gesetz besseren Schutz bieten.

Wer als Privatperson ein Haus baut, soll künftig auch das Recht erhalten, den Bauvertrag innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss zu widerrufen. Außerdem müssen die Bauleute und die eingeschalteten Baufirmen Obergrenzen für die Zahlung von Abschlägen vereinbaren. In dem Entwurf heißt es dazu, die vor der Fertigstellung gezahlten Abschläge dürften "90 Prozent der vereinbarten Gesamtvergütung einschließlich der Vergütung für Mehrleistungen nicht übersteigen". Unternehmer könnten damit "die letzten zehn Prozent der Vergütung erst nach Vollendung und Abnahme des Werks verlangen." Kelber verspricht: "Schwarze Schafe, unseriöse Anbieter in der Baubranche sollen es künftig schwerer haben."

In dem geplanten Gesetz werden aber auch Haftungsfragen neu gelegt. Richtschnur sind dabei Grundsatzurteile des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs. Vorgesehen ist nun, die Rechtsposition von Handwerkern und anderen Unternehmen zu verbessern. Kaufen und verwenden sie mangelhaftes Baumaterial, sind sie verpflichtet, dies auszubauen und fehlerfreie Teile einzubauen. Von dem Verkäufer können sie nach geltendem Recht aber nur die Lieferung des neuen Materials verlangen. Die Aus- und Einbaukosten müssen sie meist tragen. Das wird mit dem Gesetz geändert. "Handwerker sollen nicht pauschal auf den Folgekosten von Materialmängeln sitzen bleiben müssen. Sie können deshalb auf den Händler zurückgreifen, und der wiederum auf den Hersteller des fehlerhaften Materials", sagt Kelber.

Auch Ingenieuren und Architekten will das Justizministerium helfen. In dem Gesetzentwurf heißt es dazu, diese müssten eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen. Dies führe "zunehmend dazu, dass sie vom Besteller in vollem Umfang für vom bauausführenden Unternehmer mit zu verantwortende Herstellungsmängel in Anspruch genommen werden". Ein Ausgleichsanspruch sei aber beim Bauunternehmer häufig nicht durchzusetzen. Gehe dieser pleite, werde dieser Anspruch womöglich "vollständig wertlos". Das Ministerium plant nun eine Vorschrift, die die Bauunternehmen verpflichtet, die fehlende Leistung nachträglich zu erfüllen.

Das Kabinett soll das Gesetz Ende des Jahres billigen. Kleber ist zuversichtlich, dass es bei Verbänden und Ländern ein positives Echo gibt, "weil wir die Lasten fair verteilt haben". Klappt alles wie geplant, wird das Regelwerk im Sommer 2016 in Kraft treten. Unternehmen und Verbraucher haben dann sechs Monate Zeit, sich darauf einzustellen. Von 2017 an sollen die Vorschriften dann tatsächlich gelten. Kelber hält es für "sehr riskant, ohne Beratung einen Bauvertrag für ein Eigenheim abzuschließen. Wir empfehlen, sich beraten zu lassen, statt hier am falschen Ende zu sparen", sagt er.

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SZ vom 25.09.2015
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