Süddeutsche Zeitung

Wohnen:Kaum Neubauten durch Baukindergeld

  • Das Baukindergeld soll Familien helfen, Wohneigentum zu finanzieren. Mit der Förderung soll fehlender Wohnraum entstehen.
  • Doch Zahlen der Bundesregierung zeigen nun, dass das Geld vor allem für den Kauf bestehender Häuser und Wohnungen beantragt wird.
  • Die Opposition kritisiert, dass die Maßnahme deshalb ihr Ziel verfehlt.

Das Baukindergeld sollte eigentlich den Neubau ankurbeln - doch in den ersten Monaten nutzen Familien das Geld vor allem, um ein bestehendes Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Ganze 87,7 Prozent der Anträge seit dem Start im September betrafen den Erwerb von Bestandsimmobilien, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage der Linken-Abgeordneten Caren Lay hervorgeht. Demnach wurde bis Ende November nur etwa jeder achte Antrag für ein Neubauvorhaben gestellt.

"Das Baukindergeld verfehlt klar seinen Zweck", kritisierte Lay. Statt den Neubau von Wohnungen anzukurbeln, subventioniere es den Kauf bestehender Häuser. Gefördert werde damit vor allem die Mittelschicht auf dem Land. Für Entspannung auf dem städtischen Wohnungsmarkt sorge es dagegen nicht.

Das Baukindergeld soll Familien in Zeiten steigender Bau- und Immobilienpreise beim Erwerb von Eigentum helfen. Für den Bau eines Hauses oder den Kauf einer Immobilie winkt ein staatlicher Zuschuss von 1200 Euro je Kind und Jahr, gezahlt über zehn Jahre - also 12 000 Euro pro Kind. Tatsächlich lohnt sich das Baukindergeld dort mehr, wo es bereits günstige Immobilien und Bodenpreise gibt. Dort kann es bis zu 20 Prozent zur Finanzierung einer Vier-Zimmer-Wohnung beitragen. In Großstädten mit hohen Preisen dagegen, zum Beispiel München, macht die Förderung für eine Familie mit einem Kind nur ein bis zwei Prozent des Kaufpreises aus. Das ergab eine Analyse des Internetportals Immowelt.

Erste Zahlen zeigten Ende 2018, dass die Nachfrage nach dem Baukindergeld groß ist. Innerhalb weniger Monate wurden 56 435 Anträge von Familien gestellt. Die meisten kamen aus den bevölkerungsreichen Flächenländern Nordrhein-Westfalen (12 606), Baden-Württemberg (7562), Niedersachsen (7099) und Bayern (6941). Aus den Stadtstaaten Berlin (861), Hamburg (589) und Bremen (492) dagegen gingen nur wenige Anträge ein. Hier aber sei eine Entlastung auf dem Wohnungsmarkt dringend nötig, sagte Lay.

Anträge bis Ende 2020 möglich

Verantwortlich für die hohe Antragszahl zum Start ist vor allem die Tatsache, dass der Zuschuss zu Beginn auch rückwirkend beantragt werden konnte - nämlich von allen Eltern oder Alleinerziehenden, die seit 1. Januar 2018 eine Baugenehmigung erteilt bekommen oder einen Kaufvertrag unterschrieben haben.

Anträge auf Baukindergeld sind bis zum 31. Dezember 2020 möglich. Bei im Durchschnitt zwei Kindern reicht das Fördervolumen von knapp drei Milliarden Euro im Jahr für jährlich 125 000 Anträge. Sollte das Geld nicht ausreichen, gilt: Wer zuerst kommt, wird gefördert. Wer zu spät kommt, geht leer aus.

Gewährt wird das Baukindergeld für Familien und Alleinerziehende bis zu einer Grenze von 90 000 Euro zu versteuerndem Haushaltseinkommen im Jahr bei einem Kind. Bei größeren Familien darf die Grenze pro Kind 15 000 Euro höher liegen. Man muss mit den Kindern in dem Haus oder der Wohnung auch selbst wohnen - und es kann nur einmal beantragt werden. Umstritten ist das Baukindergeld vor allem wegen seiner hohen Kosten.

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