Angesichts einer zunehmenden Anzahl teurer Handwerkerfehler auf deutschen Baustellen fordert das Baugewerbe die Wiedereinführung des Meisterzwangs. Die Liberalisierung vor 15 Jahren habe "eine dramatische Abwärtsspirale in Gang gesetzt, unter der besonders handwerkliche Qualität und Verbraucherschutz leiden", sagte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB), Felix Pakleppa, der Süddeutsche Zeitung.
Seither sei es "möglich, sich ohne Qualifikationsnachweis selbständig zu machen - mit verheerenden Folgen für die Bauqualität und einem deutlichen Anstieg der Schadenszahlen". Kritik gibt es vor allem an der oft mangelhaften Arbeit von Fliesenlegern. Laut Pakleppa stieg "die durchschnittliche Schadenssumme aufgrund mangelnder Qualifikation" seit 2004 im Schnitt von 9000 auf zirka 16 000 Euro, für Bauherren könne das, Rechtsstreitigkeiten inbegriffen, "existenzbedrohend werden".
2004 hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung in 53 von 94 Handwerksberufen den Meisterzwang abgeschafft, im Kampf gegen die seinerzeit hohe Arbeitslosigkeit. Im Baugewerbe sind davon Fliesen-, Platten-, Mosaik- und Estrichleger betroffen. Seit der Liberalisierung ist die Anzahl der Fliesenlegerbetriebe nach Angaben des ZDB sprunghaft gestiegen.
Waren es 2004 bundesweit etwa 12 000, so gab es Ende 2017 schon fast 70 000, rund ein Drittel kommt aus Staaten Mittel- und Osteuropas. Zugleich litt die Ausbildung erheblich. Die Zahl bestandener Meisterprüfungen sackte von 550 auf 100 pro Jahr - ein Minus von 80 Prozent. Lehrlinge ausbilden dürfen bis heute nur Handwerksmeister. Der ZDB sieht eine "akute Bedrohung" der dualen Ausbildung.
Union und SPD haben sich offen gezeigt für die Klagen der Handwerksverbände. Am 4. und 5. Juni gibt es im Bundeswirtschaftsministerium eine Anhörung, bei der auch der ZDB gefragt ist. Die große Koalition will, wo nötig, zur Meisterpflicht zurückkehren. Bis Jahresende soll die Entscheidung fallen.