Baufinanzierung:Panisch auf die Kredite

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Neubau im bayerischen Fürstenfeldbruck: Ein leichter Zinsanstieg hat die Häuslebauer im Juni und Juli hochgeschreckt.

(Foto: Johannes Simon)

Viele Eigenheimbesitzer rechnen offenbar fest mit steigenden Zinsen. Sie verlangen wie verrückt nach Darlehen, die Konditionen länger festschreiben. Beim Abschluss sollten sie sich nicht antreiben lassen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Ist es für lange Zeit vorbei mit den Traumkonditionen für Häuslebauer-Kredite? Diese Frage haben sich die vergangenen Wochen sicherlich viele Immobilienbesitzer gestellt und erst recht solche, die es werden wollen. Im Mai nämlich waren die Zinsen für Immobiliendarlehen nach einem Kursrutsch bei Bundesanleihen kurzzeitig kräftig gestiegen. Zwar lagen sie damit im langjährigen Vergleich immer noch ausnehmend niedrig, aber eben nicht mehr auf dem Schnäppchenjäger-Tiefpunkt vom Frühling. Das hieß zum Beispiel, dass die monatliche Rate für einen Standardkredit von 150 000 Euro im Juni gleich 34 Euro höher war als noch im Vormonat.

Bei vielen Immobilienbesitzern muss das eine Art Torschlusspanik ausgelöst haben. Und womöglich waren auch die Berater in den Banken besonders geschickt dabei, ihnen das einzureden. Jedenfalls rechnen immer mehr Häuslebauer und Immobilienbesitzer, die das Ende ihrer Zinsbindung vor Augen haben, fest mit steigenden Zinsen. Laut aktuellen Daten des Immobilienvermittlers Dr. Klein & Co. deckten sich im Juni und Juli so viele Privatkunden mit Forward-Darlehen ein wie noch nie in den vergangenen zehn Jahren.

Mit einem solchen Darlehen können sich Eigenheimbesitzer die aktuell günstigen Konditionen auch für eine Finanzierung sichern, die sie erst in zwei bis drei Jahren abrufen wollen. Laut Dr. Klein stieg die Nachfrage nach solchen Darlehen im Juni und Juli auf über 17 Prozent aller in der Datenbank erfassten vermittelten Kredite an. "Besonders auffällig ist in diesem Monat die erneute deutliche Erhöhung des Anteils der Forward-Darlehen am Gesamtmarkt", sagt Stephan Gawarecki, Vorstandschef von Dr. Klein. "Bisher Unentschlossene sichern sich die noch immer niedrigen Zinskonditionen mit dieser Darlehensform." Wenn die Zinsen aber wieder leicht sinken würden, wie zuletzt im Juli, dürfte der Forward-Anteil auch wieder zurückgehen, sagt Gawarecki. Noch vor einem Jahr lag der Anteil der Forward-Darlehen bei elf Prozent, was ungefähr dem Mittelwert der vergangenen Jahre entspricht. Nun aber stiegen die Forward-Darlehen, und zwar auf Kosten der Annuitätendarlehen - das sind Darlehen mit gleich bleibenden Monatsraten. Ihr Anteil verringerte sich im Juni erneut auf 69 Prozent. Auch die Vermittler von Interhyp vermerkten eine "entsprechend gestiegene Nachfrage nach Forward-Darlehen".

Doch so ein Forward-Darlehen hat natürlich seinen Preis. Denn für die Zinssicherheit wird ein Aufschlag auf den regulären Darlehenszins fällig. Und: Grundsätzlich wird ein Forward-Darlehen umso teurer, je später es abgerufen werden soll: Pro Monat Wartezeit sind sie 0,01 bis 0,03 Prozentpunkte kostspieliger als ein normaler Kredit. Für einen Kredit ab Ende 2017 muss man also schnell einen Aufschlag von einem halben Prozentpunkt bezahlen.

Es ist eine Wette darauf, dass die Zinsen steigen. Das Risiko: Sie können auch fallen

Will heißen: Ein Forward-Darlehen ist nichts anderes als eine Wette auf die Entwicklung der Zinsen. "Die Kehrseite der Sicherheit über die künftige Zinshöhe ist, dass die Zinsen natürlich niedrig bleiben oder gar noch fallen könnten. Dann wäre es gescheiter gewesen, mit dem Kreditabschluss zu warten", sagt Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur der Verbraucherplattform Finanztip.

de. Die Zinsentwicklung richtig vorherzusagen, ist jedoch selbst für Profis schier unmöglich. Zumindest in Europa erwarten die Märkte derzeit noch keinen deutlichen Zinsanstieg, allenfalls in den USA rückt eine Zinswende immerhin näher. Trotzdem gibt das den Kunden noch Zeit, die Angebote der Banken genauer anzuschauen. Hinzu kommt: Wer sich angetrieben von Zinsängsten und Torschlusspanik übereilt eine Immobilie kauft, übersieht womöglich notwendige Sanierungsmaßnahmen, und auch das kann teuer werden.

Ein weiteres Problem, das nicht zu unterschätzen ist: Wer ein Forward-Darlehen abgeschlossen hat, muss es auch abnehmen, wenn die Zinsen am Ende der Zinsbindung des noch laufenden Darlehens niedriger sind als die des Forward-Darlehens. Es ist ein Darlehensvertrag, an den sich beide Parteien halten müssen. Die Experten von Finanztip raten daher dazu, den Darlehensbetrag des Forward-Darlehens nicht zu hoch anzusetzen, denn: Durch die laufende Tilgung wird die Restschuld des laufenden Darlehens zum Start des Forward-Darlehens niedriger sein als heute.

So mancher Eigenheimbesitzer kann zudem bis zum Ende der Zinsbindung noch weitere Ersparnisse zusammenkratzen, mit denen er dann ganz regulär so viel wie möglich von seiner Restschuld tilgen kann. Und nicht zu vergessen: Wenn die Vorlaufzeit nur wenige Monate beträgt, kann man ein normales Darlehen abschließen und zahlt für das spätere Abrufen auch nur eine recht überschaubare Gebühr.

Wer auf absehbare Zeit eine Anschlussfinanzierung benötigt, sollte das jedenfalls nicht auf die lange Bank schieben. Christian Kraus von Interhyp rät: "Viel wichtiger als die Frage, welches Produkt die beste Lösung für die Anschlussfinanzierung darstellt, ist in unseren Augen die Botschaft an die Immobilienbesitzer, dass sie sich nicht erst in letzter Sekunde mit der Darlehensverlängerung beschäftigen sollten." Zumindest eine Torschlusspanik lässt sich auf diese Weise leicht vermeiden.

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