Süddeutsche Zeitung

Immobilien:Bauen wird noch teurer

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Von Thomas Öchsner, München

Wer einen Handwerker oder eine Baufirma beauftragt, muss nicht nur oft wochenlang warten, sondern sich auch auf höhere Preisen einstellen. Die Baupreise werden in diesem und im nächsten Jahr erneut kräftig steigen. Damit rechnet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in seiner neuen Prognose für die Bautätigkeit in Deutschland, die an diesem Mittwoch veröffentlicht wird. Obwohl die Bauwirtschaft goldene Jahre erlebe, werde jedoch "weiter unter dem Bedarf gebaut", heißt es in der Studie, die vom Bundesbauministerium finanziert wird. Dies treffe "auf den Wohnungsbau, aber auch auf den öffentlichen Bau zu".

Die Bauwirtschaft gilt als entscheidende Stütze für die Konjunktur in Deutschland. Dazu trägt vor allem der Wohnungsbau bei, bei der Schaffung von neuem Wohnraum wäre nach Einschätzung des DIW jedoch mehr möglich.

2019 entstanden nach Angaben der Bauindustrie etwa 300 000 neue Wohnungen - das sind ein paar tausend mehr als im Vorjahr, aber deutlich weniger als die etwa 375 000, die die große Koalition angepeilt hatte, oder die mehr als 600 000 Wohnungen, die noch Mitte der 1990er-Jahre jährlich errichtet wurden. Es wird zwar mehr Geld ausgegeben fürs Bauen, allein für den Wohnungsbau nach der Schätzung des DIW in diesem Jahr gut 263 Milliarden Euro - ein Plus von fast acht Prozent im Vergleich zu 2019. Doch nach wie vor werden mehr Bauprojekte genehmigt als gebaut. Und ein Großteil des Zuwachses ist laut DIW auf die "deutlich anziehenden Preise für Bauleistungen" zurückzuführen.

So dürften nach den Berechnungen des Instituts die Baupreise im laufenden Jahr um 3,3 Prozent zulegen und 2021 um weitere gut drei Prozent. Die Unternehmen hätten genug Spielraum, um höhere Preise durchzusetzen, und angesichts der guten Auftragslage "nutzen sie diese auch", sagt DIW-Konjunkturexperte Claus Michelsen, einer der Autoren der Studie.

Bislang halten sich die Baufirmen allerdings dabei zurück, neues Personal einzustellen und ihren Maschinenpark zu erneuern. Michelsen führt dies auf die schlechten Erfahrungen nach dem Bauboom der Neunzigerjahre zurück. Damals hätten sich viele verkalkuliert und seien pleite gegangen. Um mehr Mut zum Investieren zu schöpfen, benötigten die Firmen deshalb eine langfristige Perspektive.

Das DIW hat dafür zwei Vorschläge. Die Ökonomen machen sich stark für ein "langfristig angelegtes Investitionsprogramm" des Staates für den Ausbau und die Erneuerung der Infrastruktur (Schienen, Brücken, Straßen), um der Bauwirtschaft "verlässliche Geschäftsbedingungen" für den Aufbau neuer Kapazitäten zu verschaffen. Kurzfristig angelegte Anreize wie das Baukindergeld oder die neuen Möglichkeiten zur Sonderabschreibung würden dagegen "vor allem in steigenden Preisen für Bauleistungen verpuffen".

Dass weniger neue Wohnungen als nötig entstehen, liegt auch am fehlenden Personal in den Kommunen. Die Zahl der Beschäftigten in den Bauplanungsämtern sei "trotz der regen Bautätigkeit kontinuierlich gesunken", heißt es dazu in der Studie. Hier wünscht sich das DIW, dass mehr zusammengearbeitet wird, "indem Planungskapazitäten nicht mehr in jeder Kommune vollumfänglich vorgehalten werden, sondern in gemeinsamen Planungseinheiten - ähnlich wie in kommunalen Zweckverbänden". Auch könnten Musterbauordnungen "komplexe Genehmigungsprozesse abkürzen".

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SZ vom 08.01.2020
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