Bau - Tribsees:Baustelle Autobahn 20: Ende der Lärmbelästigung absehbar

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Die Trasse neugebauten Ostseeautobahn bei Tribsees (r) wird auf die Verkehrsfreigabe vorbereitet. Foto: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa (Foto: dpa)

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Tribsees (dpa/mv) - Hartmut Kolschewski, Bürgermeister der lärmgeplagten Ortschaft Langsdorf, steht am Mittwoch auf der funkelnagelneuen Fahrbahn der Autobahn 20. In wenigen Minuten wird der Verkehr auf dem neuen Teilstück freigegeben, dann werden ersten Autos auf einer Fahrbahn Richtung Lübeck vorbeirollen.

Seit dem Zusammenbruch der Autobahn bei der Anschlussstelle Tribsees im Oktober 2017 hatten die rund 650 Einwohner von Langsdorf sowie den Nachbargemeinden Breesen und Böhlendorf nur wenige erholsame Minuten. Zunächst war es der Umleitungsverkehr, der die leidgeplagten Einwohner um den Schlaf brachten. Rund 20.000 Fahrzeuge und schwere Laster pro Tag rollten durch die Orte.

Ab Dezember 2018 wurde der Verkehr über eine stählerne Behelfsbrücke geführt, die Anwohner sind seither mit lauten Klack-Klack-Geräuschen belästigt. Die entstehen, wenn die Fahrzeuge über die alle paar Meter querverlaufenden Schwellen fahren. "Mal gucken, wie das Leben ohne Gepolter und abfallende Radkappen ist", sagt Kolschewski.

Noch ein paar Wochen müssen die Menschen mit diesen Geräuschen leben, denn die Autos in Richtung Stettin werden bis Mitte November über die Behelfsbrücke fahren. Anschließend wird der Verkehr vierspurig über die neue, insgesamt 1500 Meter lange Teilstrecke rollen. Bis Ende 2023 soll dann auch die zweite Fahrspur in Richtung Osten fertig sein. "Dann ist wieder richtig Ruhe", sagt Kolschewski. Der Verkehr ist dann nur noch als leises Rauschen zu vernehmen.

Die Bilder der gerade mal zwölf Jahre alten Autobahn in Trümmern gingen um die Welt. Genau in dem Teilstück, das die damals gerade gewählte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Dezember 2005 als letztes freigegeben hatte, klaffte nun ein riesiges, 100 mal 20 Meter großes Loch. Später sprach sie von "einer fürchterlichen Schmach".

Verkehrsminister Christian Pegel (SPD) bedankt sich am Mittwoch für "mehrere spannende Jahre". Er habe, als es um schnelle Lösungen ging, Bautechniken kennengelernt, die er sonst nie gesehen hätte. Der Schreck über das Unglück und möglicherweise auch die weltweite Beachtung und Zweifel an der deutschen Ingenieurskunst führten mit zu dem hohen Tempo, das beim Wiederaufbau an den Tag gelegt wurde.

Der Direktor der Niederlassung Nordost der Autobahn GmbH, Ronald Normann, spricht von einem der größten und anstrengendsten Vorhaben der vergangenen Jahre. Es sei gelungen, die neue Autobahn ohne neue Eingriffe in die Natur zu bauen. Ab Ende 2023 soll nichts mehr an das Desaster erinnern. Doch der Bau der zweiten Fahrbahn sei noch mal harte Arbeit. Es müssten viele Probleme gelöst werden, sagt Normann.

Zum Ursprungsproblem, nämlich den Zusammenbruch der Autobahn, gibt es am Mittwoch noch keine Erkenntnisse. Es gebe ein Gutachten, das derzeit noch geprüft werde und nicht öffentlich ist, sagt Normann. Als Ursache wird bisher vermutet, dass tragende Betonpfähle in der bis zu 20 Meter starken Torfschicht zu schwach ausgelegt und gebrochen sein könnten.

Ein Stück eines dieser vermutlich zu dünnen Betonpfähle bekommt der scheidende CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhardt Rehberg als Geschenk überreicht. Er sorgte im Hintergrund für eine "stille Unterstützung" durch Bereitstellung der Gelder, wie Normann sagt. Die Autobahn GmbH rechnet mit insgesamt knapp 240 Millionen Euro

"Die Zeit der Umleitungen war hart, sie hat aber auch gezeigt, dass die Leute zusammenhalten", blickt Kolschewski zurück. Seine Hoffnung ist, dass die Bauarbeiten nun schnell vorbei sind. Denn noch müssen nach jedem Unfall auf der Brücke die Autos durch die drei Dörfer umgeleitet werden.

© dpa-infocom, dpa:210921-99-304637/4

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