Von einem Durchbruch will am Ende keiner sprechen. Dafür ist das Ergebnis dann doch zu dürftig. Vize-Kommmissionspräsident Maroš Šefčovič betont lieber die Herausforderungen, vor denen alle Beteiligten stehen bei dieser wichtigen Technologie. Alle Beteiligte - das sind Vertreter der europäischen Autoindustrie und der Mitgliedsländer. Die Kommission hatte sie am Mittwoch nach Brüssel eingeladen. Mit dem Ziel, so bald wie möglich ein europaweites Konsortium zur Fertigung von E-Auto-Batterien auf den Weg zu bringen. "Ein Airbus für Batterien", wie Šefčovič das nennt.
Es geht um viel, genau genommen um fünf Millionen potenzielle Jobs und einen Markt von 250 Milliarden Euro, sagt der EU-Kommissar. Diesen Markt wolle man auf keinen Fall der Konkurrenz aus Asien überlassen. "Wir müssen gemeinsam handeln und wir müssen jetzt handeln." Ganz durchgedrungen ist Šefčovič mit dieser Aufforderung nicht. Auf dem Gipfeltreffen konnte man sich nur auf einen groben Zeitplan fürs Weiterreden und Weiterdenken verständigen. Bis Anfang des kommenden Jahres wolle man in Arbeitsgruppen eine konkrete Strategie ausarbeiten, erklärt Šefčovič. Ob dann der offizielle Startschuss für ein europäisches Gemeinschaftsprojekt fällt, ist alles andere als sicher. Denn anders als die Politik gibt sich die Industrie eher zurückhaltend. Weder bei Volkswagen noch bei Mercedes, die beide an dem Spitzentreffen teilnahmen, gibt es derzeit Überlegungen, in die Produktion von Batterien einzusteigen. Wobei zu unterscheiden ist: Wenn von Batterien für E-Autos gesprochen wird, dann geht es um mehrere Komponenten. Um die Zellen, in denen die Energie gespeichert ist. Sie werden in hochautomatisierten Fabriken von Robotern gefertigt - vor allem in Fernost. Die Zusammenstellung der Zellen samt einer passenden Steuerelektronik geschieht dann durchaus meist bei den europäischen Autokonzernen selbst.
Die vorherrschende Technik heißt dabei: Lithium-Ionen. Nach diesem Prinzip arbeiten etwa auch Handyakkus. Aus der Industrie heißt es weitgehend übereinstimmend: Asiatische Konzerne beherrschen die Materialien und die Fertigung derart gut, dass ein Einstieg in diese Technologie sehr schwierig wäre - auch wenn es eine strategische Frage für die Autobauer ist. Leichter wäre der Einstieg in eine Batterietechnik, die komplett auf einem neuen Prinzip beruht, etwa Festkörperspeicher. Diese könnten etwa zu Beginn des kommenden Jahrzehnts in Serie gehen. Und dann würde ein Konsortium Sinn ergeben, hört man aus der Branche: Der Aufbau einer solchen Fabrik, die viele Akkus herstellt, könnte leicht eine zweistellige Milliardensumme kosten. Für einen Hersteller alleine ein hohes Risiko.
Unter dem Eindruck des Dieselskandals und strengerer Schadstoff-Regulierung planen die Hersteller in den kommenden Jahren viele neue E-Auto-Modelle. Die Batterien sind aber nicht nur das entscheidende Bauteil der Elektro-Fahrzeuge, sondern inzwischen auch ein wichtiger Kostenfaktor: Die Stromspeicher machen bisher etwa ein Drittel des Fahrzeugpreises aus, es ist der entscheidende Grund, warum E-Autos derzeit noch teurer sind als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Allerdings dürfte es den zumeist asiatischen Batterielieferanten gelingen, die Kosten in den nächsten Jahren deutlich zu senken.
Die Kommission befürchtet deshalb, dass sich die Abhängigkeit für europäische Automobilkonzerne noch weiter erhöhen könnte. Bereits jetzt dominieren Unternehmen aus Japan, Südkorea und China den Markt. Dennoch unterstützen Hersteller wie der Pariser Renault-Konzern, der zusammen mit der japanischen Schwester Nissan Marktführer bei E-Autos ist, die Initiative der EU-Kommission nur unter Vorbehalt. "Es wäre schade, wenn die Autoindustrie, eine europäische Kernindustrie, die zentrale Komponente anderen überließe", kommentierte Renault-Chef Carlos Ghosn die EU-Initiative jüngst. "Aber die Batterie darf nicht bloß europäisch sein, sie muss auch wettbewerbsfähig sein."
Das bedeutet im Klartext: Wenn die Asiaten das beste Preis-Leistungsverhältnis bieten, wird sich Renault weiter bei ihnen mit Stromspeichern eindecken. Eine Beteiligung seines Unternehmens an dem "Batterie-Airbus", der Sefcovic vorschwebt, schließt Ghosn aus. Eine eigene Batterieproduktion sei nicht Aufgabe von Renault, sondern die der Zulieferer, so Ghosn. "Als wir 2008 anfingen mit E-Autos, gab es kaum Batterien - heute gibt es keinen Mangel", sagt Ghosn. Das Risiko, in chinesische Abhängigkeit zu geraten, nimmt er offenbar in Kauf. Und die Kollegen der anderen Hersteller derzeit auch.