Süddeutsche Zeitung

BASF-Tochter:Wintershall Dea verlässt Russland

Der Öl- und Gaskonzern zieht nach monatelanger Kritik Konsequenzen. Unternehmenschef Mehren spricht von einer De-facto-Enteignung.

Nach monatelanger Kritik am Engagement in Russland zieht die BASF-Tochter Wintershall Dea nun einen Schlussstrich: Der Öl- und Gaskonzern kündigte am Dienstagabend an, sich "vollständig aus Russland zurückzuziehen". "Eine Fortführung unseres Geschäftes in Russland ist nicht haltbar", sagte Wintershall-Dea-Chef Mario Mehren. "In den vergangenen Monaten hat die russische Regierung die Tätigkeit westlicher Unternehmen im Land eingeschränkt. Zusätzlich haben externe Eingriffe in die Aktivitäten unserer Joint Ventures dazu geführt, dass Wintershall Dea nicht wie bisher in Russland tätig sein kann. Die Joint Ventures wurden de facto wirtschaftlich enteignet."

Milliardenschwere Abschreibungen auf seine Beteiligung an dem Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea haben BASF im vergangenen Jahr tief in die roten Zahlen gedrückt. Der Chemiekonzern fuhr einen Verlust nach Steuern von 1,376 Milliarden Euro ein, nachdem 2021 noch ein Gewinn von 5,523 Milliarden zu Buche stand, wie BASF am Dienstagabend auf Basis vorläufiger Zahlen mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit einem Gewinn von 4,768 Milliarden Euro gerechnet, auch wenn das Unternehmen hohe Abschreibungen auf Wintershall Dea bereits im Jahresverlauf verbucht hatte. Im vierten Quartal fielen aber weitere Wertberichtigungen über 5,4 Milliarden Euro an, da Wintershall Dea nun einen vollständigen Rückzug aus seinen Geschäften in Russland plant. Insgesamt beliefen sich die Abschreibungen auf rund 7,3 Milliarden Euro. Die Abschreibungen bei dem Unternehmen fielen auch im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Nord Stream AG an, dem Betreiber der beschädigten Gaspipeline Nord Stream 1.

Kaum ein Unternehmen in Deutschland steht so für die enge Verflechtung der deutschen Energiewirtschaft mit der russischen Gasförderung. Wintershall Dea pflegt seit Jahrzehnten enge Partnerschaften mit dem russischen Konzern Gazprom, fördert mit dem weltgrößten Gasproduzenten in Sibirien Gas und ist an der Ostseepipeline Nord Stream beteiligt.

Wintershall Dea entstand 2019 aus dem Zusammenschluss der BASF-Tochter Wintershall mit dem Rivalen Dea. BASF hält an dem Gemeinschaftsunternehmen noch 72,7 Prozent, der Rest liegt bei der ehemaligen Dea-Eignerin LetterOne. Wegen des Kriegs in der Ukraine war Wintershall Dea zuletzt weiter auf Distanz zu seinen Geschäften in Russland gegangen und hatte angekündigt, eine rechtliche Trennung zu prüfen. Das Unternehmen ist an drei Förderprojekten am Erdgasfeld Juschno Russkoje sowie der Achimov-Formation des Urengoi-Felds in Sibirien beteiligt. Der Anteil der russischen Geschäfte an der gesamten Produktion lag zuletzt bei 50 Prozent.

BASF fuhr 2022 insgesamt einen Umsatzanstieg von elf Prozent auf 87,327 Milliarden Euro ein und erreichte damit seine Prognose von 86 bis 89 Milliarden Euro. Der bereinigte operative Gewinn (Ebit) sank indes um gut elf Prozent auf 6,878 Milliarden Euro und lag damit am unteren Ende der Prognosespanne. Analysten hatten mit 6,949 Milliarden Euro etwas mehr erwartet.

BASF-Chef Martin Brudermüller hatte bereits im Oktober ein neues Sparprogramm angekündigt, nachdem schon im dritten Quartal gestiegene Energie- und Rohstoffkosten für einen Ergebniseinbruch gesorgt hatten. Im Deutschlandgeschäft fiel dabei sogar ein Verlust an. Der energieintensiven Chemieindustrie machten die explodierten Energiepreise im vergangenen Jahr stark zu schaffen. BASF setzten sie als größten industriellen Gasverbraucher in Deutschland besonders unter Druck.

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