Bargeld:Sicher ist anders

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Besonders oft werden Banknoten durch Brände (li.) und Wasser (re.) zerstört.

(Foto: oh (li.); Kai Pfaffenbach/Reuters (re.))

Wer zu Hause größere Mengen Banknoten und Münzen verwahrt, muss vorsichtig sein. Das zeigen ein aktuelles Urteil - und die zerstörten Scheine, die bei der Bundesbank landen.

Von Caroline Biallas und Lea Hampel, Köln/München

Manchmal ist es nur ein Riss, manchmal fehlt der halbe Schein, und gelegentlich, da gibt es diese Haufen aus Tausenden Fitzelchen, viele nur Millimeter breit. Sie türmen sich auf einem Tablett, davor sitzt eine Mitarbeiterin und puzzelt mit einer Pinzette. Oft kann sie erst Wochen später sagen: Das waren mal Geldscheine im Wert von 15 000 Euro. Im Nationalen Analysezentrum für beschädigtes Bargeld in Mainz arbeiten 14 Mitarbeiter daran, den Wert von zerstörtem Geld herauszufinden. Die Scheine, und auch zahlreiche Münzen, landen in der Einrichtung der Bundesbank, weil Häuser abbrennen, weil Bürounterlagen mit Scheinen dazwischen geschreddert werden - oder weil jemand Geld im Kamin versteckt und vergessen hat.

Dass so einiges schief gehen kann und man deshalb vorsichtig sein sollte, wenn man Geld lagert, zeigt nun auch ein Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLG) (Aktenzeichen 5 U162/16). Das befand: Wer in seiner Wohnung Bargeld lagert, sollte es zumindest im Tresor verschließen. Weil nur dann die Hausratsversicherung bei einem Einbruch die volle Summe erstattet. Wer sein Bargeld hingegen unverschlossen herumliegen lässt, dem kann es ergehen wie einem Osnabrücker Restaurantbesitzer. Der Gastwirt hatte erhebliche Summen Trinkgeld in seiner Privatwohnung gelagert. Nach einem Einbruch forderte er von seiner Hausratsversicherung die volle Erstattung der gestohlenen Summe. Der Versicherer weigerte sich und wies auf seine allgemeinen Vertragsbedingungen hin: Unverschlossenes Bargeld wird demnach nur bis zu einer Höhe von 1 100 Euro erstattet. Der Mann argumentierte, die Versicherung hätte ihn gezielt auf die Klausel hinweisen müssen, zog vor das Landgericht Osnabrück - und verlor. Auch die Berufung beim OLG scheiterte nun. Der Senat des OLG erklärte, die Versicherung treffe keine gesonderte Hinweispflicht. "Wer zu Hause Bargeld hortet, muss in bestimmten Fällen damit rechnen, dass nach einem Einbruchsdiebstahl die Hausratsversicherung nicht den vollen gestohlenen Betrag erstattet", sagt OLG-Sprecherin Bettina von Teichmann.

Banknoten gehen besonders häufig dann kaputt, wenn sie vermeintlich sicher versteckt sind

Wer nun zwar keine Lust hat, einen Tresor zu kaufen, aber zumindest in Erwägung zieht, das Geld an einem besonders raffinierten Platz vor Einbrechern zu verstecken, sollte wissen: Geldscheine gehen besonders häufig kaputt, wenn Menschen sie besonders sicher verwahren möchten: beim Verstecken. Im Nationalen Analysezentrum landen oft Euroscheine, die angekokelt sind, weil sie im Kamin versteckt und vergessen wurden. Aber auch Banknoten aus Plastikflaschen, die im Sandkasten versteckt wurden und verrotteten, mussten die Mitarbeiter schon begutachten. Und immer wieder sitzen sie vor angeschimmelten oder angenagten Geldscheinen: Dachboden und Keller sind beliebte Aufbewahrungsorte für Bargeld - und beliebte Aufenthaltsorte von Mäusen.

Solche Scheine zu sichten und zu reparieren, gehört zum Service der Bundesbank. Ziel ist es, dass immer ordentliche Euroscheine im Umlauf sind, auch, um das Vertrauen in die Währung aufrecht zu erhalten. Allein im Jahr 2016 landeten rund 800 000 Banknoten und 130 000 Münzen in Mainz, in der Höhe eines Gesamtbetrages von 32 Millionen Euro.

Dass es diesen Service gibt, heißt jedoch nicht, dass automatisch jeder Schein ersetzt wird: Nur, wenn von einem Schein mehr als die Hälfte rekonstruierbar ist oder wenn bewiesen werden kann, dass die andere Hälfte vernichtet wurde, bekommt der Eigentümer das Geld erstattet.

Deshalb gilt es, in jedem Fall vorsichtig zu sein. Denn wer Wertgegenstände in den eigenen vier Wänden lagert, kann erstens nicht sicher sein, dass möglicherweise zerstörte Scheine ersetzt werden. Er muss sich zweitens im Falle eines Einbruchs auch auf einen Streit mit dem Versicherer einstellen. "Die Schwierigkeit für den Geschädigten besteht darin, der Versicherung nachweisen zu können, die gestohlenen Gegenstände wirklich besessen zu haben", erklärt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Gerade bei Bargeldsummen ist das im Normalfall fast unmöglich.

Der Tipp der Expertin lautet deshalb: Wer unbedingt eine Bargeldsumme zu Hause lagern will, sollte hohe Abhebungen mit Kontoauszügen dokumentieren. Ganz wichtig: "Die Nachweise immer außerhalb der Wohnung aufbewahren, zum Beispiel im Banktresor", sagt Bianca Boss. Das hilft bei Einbruch und ärgerlichen Zufällen.

In seinen Musterbedingungen nennt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) im Fall eines Einbruchs keine Entschädigungsgrenzen, sondern überlässt diese Festlegung den Versicherungsgesellschaften selbst. Viele Gesellschaften setzen eine Obergrenze von 2000 Euro für Bargeld und auf Geldkarten geladene Beträge - selbst dann, wenn beides nicht im Tresor liegt. Für Urkunden, Sparbücher und Wertpapiere werden 5000 Euro erstattet; für Schmuck, Perlen, Münzen, Gold und Platin insgesamt 30 000 Euro. Höhere Erstattungssummen sehen die Bedingungen nur vor, wenn diese Wertsachen in einem Stahlschrank mit mehreren Wänden und einem Mindestgewicht von 200 Kilogramm gelagert werden. Es gilt also, auf das Kleingedruckte zu achten. Sonst ergeht es den Kunden wie dem Osnabrücker Restaurantbesitzer.

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