Umfrage der BundesbankDie Deutschen wollen das Bargeld – aber nutzen es immer weniger

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Barzahlen beim Einkauf? Inzwischen bevorzugen im Alltag mehr Menschen die Karte, zeigt eine Umfrage der Bundesbank.
Barzahlen beim Einkauf? Inzwischen bevorzugen im Alltag mehr Menschen die Karte, zeigt eine Umfrage der Bundesbank. (Foto: Sebastian Kahnert/picture alliance/dpa)

Die Mehrheit will auch künftig nicht auf Scheine und Münzen verzichten. Zugleich aber wird deutlich seltener bar bezahlt. Welche Folgen das haben könnte.

Von Stephan Radomsky

Die Deutschen und das Bargeld, das sei ja eine Liebesgeschichte, heißt es immer. Ohne Scheine und Münzen gehe nichts im Land der Dichter und Denker. Zuletzt erlebten das im vergangenen Sommer Hunderttausende Fußballfans, die zur EM nach Deutschland kamen und oft nicht schlecht staunten: Ein Bier am Tresen einfach so mit der Karte zahlen? Nicht so einfach.

Sind die Deutschen also wirklich vernarrt ins Bare? Die Zahlen dazu sind eindeutig – und ziemlich widersprüchlich: So wollen tatsächlich mehr als zwei Drittel der Deutschen das Bargeld nicht missen und es weiterhin nutzen können, ergibt eine von der Bundesbank am Dienstag veröffentlichte repräsentative Umfrage. Zugleich aber tun sie es im echten Leben immer seltener. So ist der Anteil der Barzahlungen im Alltag zwischen 2017 und 2023 von etwa drei Viertel auf weniger als die Hälfte gesunken. Und gemessen am Umsatz machen Scheine und Münzen sogar nur noch 26 Prozent der privaten Zahlungen aus.

Setzt sich der Trend so fort, könnten Banken aber die Zahl der Bankautomaten bald weiter reduzieren und mehr Händler die Annahme von Bargeld aus Kostengründen ganz verweigern, schreiben die Währungshüter. „Wenn Bargeld auch in Zukunft ein allgemein verfügbares und akzeptiertes Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel bleiben soll, besteht Handlungsbedarf.“ Ansonsten könnte Bargeld bis zum Jahr 2037 womöglich nur noch eingeschränkt genutzt werden und seine gesamtgesellschaftlichen Funktionen nicht mehr erfüllen, fürchtet man in Frankfurt.

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Nur eine Minderheit bevorzugt an der Kasse noch Cash

Dass es so kommt, vermuten schon heute immerhin 48 Prozent der Befragten. In 15 Jahren, so ihre Erwartung, wäre Bargeld aus dem Alltag in Deutschland verschwunden. Dagegen gehen laut der Umfrage nur noch 39 Prozent davon aus, dass Scheine und Münzen auch dann noch so genutzt werden können wie bisher. Und schon heute bevorzugt den Daten zufolge eine relative Mehrheit von 44 Prozent der Deutschen sogenannte unbare Zahlungsmittel wie EC- oder Kreditkarten, zugleich ist es weiteren 28 Prozent einfach egal, wie sie die Rechnung begleichen. Die Argumente dafür sind denkbar pragmatisch: Man müsse sich keine Sorgen machen, ob genug Geld im Portemonnaie ist, außerdem gehe das Bezahlen schnell und einfach.

Dass Bargeld – zumindest theoretisch – immer noch so beliebt ist, mag auch an der allgemeinen Unsicherheit liegen, die viele gerade spüren. Denn Scheine und Münzen, so eines der Argumente, seien eben auch bei technischen Ausfällen verfügbar, außerdem ließen sie sich ganz einfach und analog daheim aufbewahren. Der Umfrage zufolge sehen viele Bundesbürger im Cash zudem einen pädagogischen Wert für Kinder und schätzen die Anonymität und den Datenschutz beim Barzahlen.

Ob das mit der Anonymität aber wirklich ein Vorteil ist, da ist die Gesellschaft offenbar gespalten: Dass gerade Bargeld kriminelle Geldwäsche, Steuerbetrug und Schwarzarbeit fördere, dem stimmen etwa genauso viele Menschen zu, wie das Argument ablehnen. Der Gesetzgeber stellte sich zuletzt zunehmend aufseiten der Skeptiker: So gibt es bisher zwar keine generelle Obergrenze für Barzahlungen in Deutschland, wer aber künftig mehr als 10 000 Euro in Scheinen begleichen möchte, muss zumindest seine persönlichen Daten per Ausweis belegen. Und eine Immobilie beim Notar mit einem Koffer voller Cash zu bezahlen, ist seit gut zwei Jahren ganz verboten. Das mit dem Bier und der Karte aber funktioniert auch weiterhin an vielen deutschen Tresen nicht.

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