50 Jahre Barcode:Und es hat beep gemacht

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Glückwunsch: Der Barcode wird 50. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Viele Zahlen, viele Striche, gescannt ergeben sie den vertrauten Sound des Einkaufens. Seit 50 Jahren gibt es nun den Barcode, doch sein Nachfolger steht bereits fest.

Von Michael Kläsgen

Tausendmal gescannt, tausendmal ist nichts passiert? Von wegen. Seit der Barcode am 26. Juni 1974 in einem US-amerikanischen Supermarkt in Ohio das erste Mal an einer Zehnerpackung Wrigley’s-Kaugummi gescannt wurde, ist der Sound längst ins kollektive Unterbewusstsein der Menschen gedrungen – überall auf der Welt.

Mehr als eine Milliarde Produkte sind mit dem Strichcode versehen: einige Zahlen, viele Striche, meist schwarz auf weiß, von zwei US-Ingenieuren am Strand von Miami entwickelt, später von IBM patentiert. Der eine wollte das Zahlen im Supermarkt beschleunigen, der andere hatte im Krieg das Morsen gelernt.

Striche hatten im Vergleich zu Zahlen damals schon den Vorteil, dass sie von einem Scanner auch gelesen werden können, wenn sie nicht exakt vor das Gerät gehalten werden, meistens jedenfalls. Doch erst 20 Jahre nach der Patentanmeldung war der erste geeignete Scanner serienreif.

Im Einzelhandel fand sich für den Code eine praktische Verwendung, weltweit. In den USA hatten schon viele Kaufhäuser und Supermärkte umgestellt, da taucht 1977 Supermarktleiter Bernd Daiberl aus Augsburg auf. Er bringt das Lesegerät von IBM aus den USA mit in seine Heimat und darf sich obendrein ein Geräusch bei dem US-Scanner-Hersteller aussuchen: Gong oder Beep. Daiberl entschied sich für den Beep.

So kam der Scanner, der Barcode und der Beep nach Deutschland. Heute ist der Beep zum globalen Sound des Einkaufens geworden. Beep macht es heute an jeder Kasse, im Supermarkt, an der Tankstelle, im Kaufhaus, überall auf der Welt, mal leiser, mal lauter, mal kürzer, mal heller. Rein statistisch gesehen beept es bei jedem Menschen rund einmal pro Tag, täglich wird er weltweit zehn Milliarden Mal gescannt.

Die Striche repräsentieren nur die Zahlen, die unter ihnen stehen. Mehr steckt in ihnen nicht drin, sagt Thomas Fell, Geschäftsführer von GS1 Germany. GS1 steht für „Global Standards One“. Das ist eine Non-Profit-Organisation des Markenverbandes und des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI Retail, sie entwickelt die global gültigen Standards beziehungsweise Produktidentifikationscodes wie die GTIN, die Global Trade Item Number. Das sind die Zahlen unter den Strichen.

Mit ihnen, den GTIN, lässt sich jedes Produkt, egal von welchem Unternehmen, weltweit zweifelsfrei identifizieren. Codiert sind sie im Barcode. Die Non-Profit-Organisation vergibt das Nummernsystem und garantiert mithilfe von Vergabestellen in 118 Ländern, dass es keine Überschneidungen gibt und es weltweite Gültigkeit hat.

Der Code hat das Kassieren tatsächlich beschleunigt. Vorher mussten Verkäuferinnen und Verkäufer den Preis ablesen und eintippen oder Zahlenreihen auswendig lernen. Außerdem wissen Händler dank ihm, wie viel von einem Produkt verkauft worden ist, was sie nachbestellen müssen. So entstand ein effizientes Warenwirtschaftssystem. Der Barcode setzte sich gegen Stempel, Prägungen und Farbcodes durch. Manche wollen ihn heute noch abschaffen und durch digitale Wasserzeichen, KI-Bilderkennung oder anderes ersetzen. Aber er hält wacker durch.

Allerdings schickt sich GS1 nun selber an, ihn durch einen zweidimensionalen QR-Code zu ersetzen. Fell nennt ihn den „Weltenverbinder, der die Brücke ins Internet schlägt“. Er beinhaltet mehr Informationen über das Produkt, etwa die Seriennummer oder das Mindesthaltbarkeitsdatum. Je nachdem wer ihn wann scannt, der Kunde, der Supermarktmitarbeiter oder der Serviceingenieur, er erhält unterschiedliche Informationen zu unterschiedlichen Zeiten. Bei den Verbrauchern können das vor dem Kauf Produktinformationen sein, die ihnen über Youtube zugespielt werden – und nach dem Kauf Wartungsempfehlungen. Nicht ausgeschlossen sogar, dass das ein oder andere Produkt irgendwann per Messengerdienst mit dem Käufer chattet.

Von 2028 an können Produkte ausschließlich mit so einem QR-Code gekennzeichnet werden. Aber der gute alte Strichcode wird deswegen nicht sofort abgeschafft. Was aus ihm wird, liegt auch an den Verbrauchern. Denn sie werden für die Umstellung auf den QR-Code zahlen müssen. Nur eines ist gewiss: Es wird weiter beepen.

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