"Barbie"-Film:Überdosis Pink

"Barbie"-Film: Kindheitstraum in Lebensgröße: Margot Robbie spielt Barbie.

Kindheitstraum in Lebensgröße: Margot Robbie spielt Barbie.

(Foto: Mattel Films/IMAGO/ZUMA Press)

Der "Barbie"-Film ist sehr rosa - was sonst? Dass der Farbstoff vorübergehend sogar zu einer weltweiten Mangelware wurde, lag aber nicht alleine an dem Streifen und seinem knallbunten Interieur. Auch ein heftiger Frost in Texas ist schuld gewesen.

Von Felicitas Wilke

Das Sofa der Heldin: pink. Der Duschkopf: pink. Und die Rutsche, die aus ihrer Villa in den Pool führt: Na klar, pink. Am Filmset von "Barbie", der im Juli in den deutschen Kinos starten soll und vom Leben der Spielzeugpuppe erzählt, strahlt so ziemlich alles in diesem Ton. Weil es so viel Farbe brauchte, um Barbie-Land im Lieblingslook der Protagonistin anzustreichen, "ging der Welt das Pink aus". Das sagte die Produktionsdesignerin des Streifens in einem Interview mit dem Architectural Digest scherzhaft - es wurde von vielen Medien aufgegriffen und verselbständigte sich als Nachricht.

Ganz so war es jedoch nicht. Das bestätigt auch Lauren Proud vom Farbhersteller Rosco, der das Set mit der Farbe belieferte. Nicht nur der Film habe zur Pink-Knappheit bei ihrer Firma beigetragen, auch Probleme mit den Lieferketten und heftiger Frost in Texas, der für Farbe notwendige Materialien zerstört habe. Aber es stimme schon, ließ sich Proud in der Los Angeles Times zitieren, man habe den Filmschaffenden "alles gegeben, was wir hatten".

Tatsächlich mangelt es der Welt nicht an Purpurtönen. Im Radio verkündet Sänger Peter Fox, er sehe die "Zukunft pink", in der Drogerie steht neben dem gelben oder blauen Rasierer ein (meist teurerer) pinkfarbener für die Damen. Und im Spielzeugladen kommt die Duplo-Box von Lego, die explizit für Mädchen beworben wird, in Pink daher. Aus dem Inneren der Schachtel winkt eine strohblonde Spielfigur, die an Barbie erinnert.

Almut Schnerring weiß, dass ihr die Arbeit so schnell nicht ausgehen wird, wenn ihr allerorten pinke Produkte begegnen und ein ganzes Filmset in dem Farbton gehalten ist. Die Autorin befasst sich kritisch mit der "Rosa-Hellblau-Falle". So nennt sie das Phänomen, dass Produkte mit weiblicher Zielgruppe oft rosa oder pink sind, mit Krönchen hier und Rüschen dort. Gleichzeitig hat vieles, das sich an kleine Jungs oder erwachsene Männer richtet, einen dunkleren Anstrich und soll harte Kerle und mutige Superhelden ansprechen. "Mit Pink und Blau sind Lebenswelten, Verhaltensweisen und Rollenerwartungen verknüpft", sagt Schnerring.

Wenn ein Unternehmen auf Geschlechtertrennung und pinke Genderlabels setzt, übersehe es den Zusammenhang zum Fachkräftemangel, wie er etwa im Handwerk oder in der IT herrscht. "Wer Mädchen vermittelt, dass ihre Zukunft in Schönheit, Mode und Haushalt liegt, muss sich über zu wenig weiblichen Nachwuchs nicht wundern." Dass der Barbie-Hersteller Mattel in den vergangenen Jahren mehrere Sondereditionen der Puppe herausbrachte, die sie als Richterin oder Wissenschaftlerin zeigen, nennt Schnerring "Bunt-Baiting", also das Fischen nach positiver Aufmerksamkeit. Damit erwecke man nur oberflächlich den Anschein, alte Rollenbilder überwinden zu wollen.

Doch auch wer die Unterteilung der Welt in Rosa und Blau ablehnt, könnte vom "Barbie"-Film noch überrascht werden. Die Regisseurin Greta Gerwig fiel bisher nicht mit unterkomplexen Frauenrollen auf; zudem ist bereits im Trailer reichlich Ironie erkennbar, wenn die von Margot Robbie verkörperte Barbie samt Ken, gespielt von Ryan Gosling, im Schlepptau die "echte Welt" kennenlernt. Ganz fernab ihrer rosa Villa.

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