Süddeutsche Zeitung

Bankgeschäfte:Bequemlichkeit für Kunden

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Von Januar an gelten neue Regeln für Bankgeschäfte. Die traditionellen Banken versuchen das herunterzuspielen. Kein Wunder, denn sie bekommen richtig Konkurrenz. Den Vorteil haben - ausnahmsweise - mal die Kunden.

Von Nils Wischmeyer, Köln

Viele Bankkunden dürften in den vergangenen Tagen ein Schreiben ihrer Bank bekommen haben. Darin heißt es, die Vertragsbedingungen müssten angepasst werden, Hintergrund sei eine neue Richtlinie. Was sich zunächst nach einer Kleinigkeit anhört, ist in Wahrheit der Beginn einer neuen Ära im Zahlungsverkehr - und er betrifft Banken ebenso wie ihre Kunden.

Vom 13. Januar 2018 an nämlich tritt die sogenannten Payment Service Directive 2, kurz PSD2 in Kraft. Beschlossen wurde sie vor gut einem Jahr von der Europäischen Kommission. Damit werden die Bankgeschäfte für Verbraucher künftig bequemer. Zudem soll die Richtlinie die Sicherheit bei Bankgeschäften erhöhen und Innovationen vorantreiben.

Im Grunde besagt die PSD2, dass neue Anbieter auf den Markt gelassen werden und dass der Kunde künftig der Herr über seine Bankdaten ist. Der Nutzer darf die Daten für sich behalten, aber auch mit anderen Banken oder den neuen Drittanbietern wie etwa Finanz-Start-ups teilen. Er kann dann über eine einzige Plattform, wie eine App seiner Bank oder eines anderen Anbieters auf all seine Konten zugreifen, sich dort seine Kontostände anschauen, Überweisungen tätigen und auch sonst alles erledigen, was er sonst bei jeder Bank einzeln tun müsste. Der Kunde gewinnt damit an Bequemlichkeit und Macht. Er hat zukünftig die Herrschaft über seine Daten und darf entscheiden, wem er sie gibt - und wem er sie verweigert.

Die Banken verlieren das Monopol auf die Daten

Die Banken hingegen verlieren - und zwar das Monopol auf die Kundendaten, die sie bisher wie einen Schatz gehütet haben. Die Daten machten die Geldhäuser bisher zum engsten und oft sogar einzigen Partner der Verbraucher in Finanzfragen. Das wird sich künftig ändern. Mit Einführung der Richtlinie müssen sie eine Schnittstelle schaffen, über die Drittanbieter auf die Daten der Kunden zugreifen können. Vorausgesetzt, diese willigen ein. Eine Maßnahme, gegen die sich die Geldhäuser sträuben. Schließlich verdienten sie bisher gut an ihrer Monopolstellung. Über das Gehaltskonto konnten sie sehen, wie sich die Finanzen der Kunden entwickelten und maßgeschneiderte Produkte anbieten. Cross-Selling nennen Institute das. Fällt diese Einnahmequelle weg, könnte das die Gewinne der Banken im Extremfall um 40 Prozent drücken, wie eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger zeigt. Kein Wunder, dass die Geldhäuser den Zugang für die neuen Anbieter so weit wie möglich einschränken möchten. Sie beklagen öffentlich, dass mit der Richtlinie die Bankkunden in Gefahr geraten.

Um die Sicherheit zu erhalten, muss man sich besser ausweisen

Um eben das zu verhindern, treten ebenfalls von Januar an bessere Sicherheitsmaßnahmen in Kraft, darunter die "starke Authentifizierung". Kunden müssen dann mit mindestens zwei von drei Merkmalen nachweisen, wer sie sind. Dazu zählen laut der neuen Vorschrift die Faktoren Wissen, Besitz und Inhärenz. Als Wissen zählt beispielsweise eine PIN-Nummer, als Besitz eine Tan-Nummer, die auf einem Generator angezeigt wird und als Inhärenz soll ein biometrischer Faktor, etwa ein Fingerabdruck, dienen. Die klassische Tan-Liste verliert dann ihre Gültigkeit.

Neue Anbieter, die an die Schnittstelle der Banken angeschlossen werden, müssen zudem von der Bafin lizenziert werden. Sie werden durch die PSD2 nahezu auf eine Ebene mit den Geldhäusern gestellt - und ihnen wohl auch Konkurrenz machen. Sind ihre Angebote besonders benutzerfreundlich oder innovativ, wird es für viele Bankkunden wenige Gründe geben, das Online-Banking der Hausbank weiter zu nutzen, sagt Thomas Sontheimer von der Unternehmensberatung Accenture. Zu solchen Angeboten zählt er etwa kluge Programme, die den Verbraucher auf mögliche Spar- oder Anlagemöglichkeiten hinweisen.

Für die Banken bedeutet das, sie müssen mitziehen, um keine Kunden zu verlieren. Sontheimer sieht darin aber nicht nur eine Bedrohung, sondern auch die Chance für die Geldhäuser, ihren Kunden künftig bessere Dienste anbieten zu können: "Wichtig ist, dass die Banken künftig wesentlich kundenfreundlichere Lösungen anbieten. Darin liegt ihre Chance." Gewinner der Änderungen ist am Ende so oder so der Kunde.

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Quelle:
SZ vom 14.11.2017
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