Bankenstandort Liechtenstein:Der Fürst und die Fahnder

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Die deutsche Steueraffäre trifft Liechtenstein hart, denn das Kapital des Kleinstaats sind die Banken.

Hans Leyendecker und Klaus Ott

Die Banken und Behörden in Vaduz haben schnell auf die Ermittlungen in Deutschland reagiert. Eine "Task Force", die sich ab sofort um den Fall kümmert, wurde eingesetzt. Aufgabe der Sondereinheit ist es allerdings nicht, nun auch in Liechtenstein dem Verdacht von Steuerhinterziehungen nachzugehen.

Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein. (Foto: Foto: dpa)

Sie soll in dem Kleinstaat vielmehr dafür sorgen, dass alle mit einer Zunge sprechen, Amts- und Regierungsvertreter ebenso wie die private Finanzwelt. Widersprüchliche Reaktionen kann das Land nicht brauchen, es ist auf die Finanzwirtschaft angewiesen.

"Wissen, mit wem sie ein Geschäft machen"

Jeder zweite Bewohner Liechtensteins lebt von Geldgeschäften. Das Fürstentum hat zwar nur 31.000 Einwohner, aber mehr als ein Dutzend Banken und mehr als 220 Treuhänder. Von den vielen feinen Geldhäusern in dem kleinen Alpenstaat ist die LGT Group, die Bank des Fürstenhauses, das vornehmste.

"Investieren Sie Ihr Vermögen Seite an Seite mit der Fürstenfamilie" - so wirbt die Privatbank, die in einem spiegelblanken Bau an der Hauptstraße von Vaduz residiert. Das größte Kreditinstitut des Landes, in dem die Grenzen zwischen Hochfinanz und Politik verschwimmen, gehört der Fürstenfamilie und hat Niederlassungen an 29 Standorten weltweit.

"Unsere Kunden wollen wissen, mit wem sie ein Geschäft machen, sie legen Wert auf Tradition", hat Seine Durchlaucht Prinz Philipp von und zu Liechtenstein, der Bruder des Regenten Fürst Hans Adam II., in einem Interview betont.

Fortsetzung auf der nächsten Seite: Ist die Bank noch sicher? Denn die Unterlagen hatte ein Informant besorgt.

Mancher Kunde aber wird sich in diesen Tagen fragen, mit wem er Geschäfte gemacht hat, und was in der Bank, die doch so sicher wie das Staatsgold in Fort Knox zu sein schien, eigentlich los ist. Denn die Dokumente in diesem Banken-Skandal hatte ein Informant besorgt, der offenkundig Zugang zu den geheimsten Daten des Geldhauses in Vaduz hatte.

Das Material soll gleich gebündelt vorliegen, inklusive der Korrespondenz der Bank-Kunden. Die Identität des Informanten wird geheimgehalten. Bekannt ist nur, dass er zunächst nicht zur Steuerfahndung, sondern zum Bundesnachrichtendienst ging.

Und klar ist auch, dass Postchef Klaus Zumwinkel nicht der einzige LGT-Kunde ist, der nun Probleme mit dem deutschen Staat hat. Vieles deutet darauf hin, dass die Causa Vaduz eines der größten Steuerverfahren der Republik werden könnte: Mehr als hundert LGT-Kunden, unter ihnen viel Prominenz, soll Ungemach drohen. Denn den deutschen Steuerfahndern liegen die Unterlagen der Anleger vor. Für die Fürstenbank, die häufig mit ihrem "hohen ethischen Maßstab" geworben hat, sind Zumwinkel und die Folgen eine Katastrophe.

Es ist ein Fall ohne Beispiel in der Geschichte der Bank. Vor acht Jahren hatte das Institut zwar mal Besuch von Fahndern bekommen. Die Polizei präsentierte einen Beschluss des Landgerichts zur Aktenherausgabe. Achtzehn verdächtige Stiftungen waren von Treuhändern eingerichtet worden, gegen die in dem Kleinstaat wegen Geldwäsche ermittelt wurde.

Fortsetzung auf der nächsten Seite: Die Liechtensteiner kooperieren mit Ermittlern. Sie haben sogar einen Heidenrespekt vor Verfahren, in denen es um Terrorismus-Finanzierung geht.

Wenn es nicht nur um Fiskaldelikte, sondern um hochkriminelles Geld geht, kooperieren die Liechtensteiner mit ausländischen Ermittlern. Sie haben sogar einen Heidenrespekt vor Verfahren, in denen es um Terrorismus-Finanzierung gehen könnte.

Der Vorgang mit den achtzehn Stiftungen war den auf Diskretion bedachten Bankern nur ein wenig unangenehm. "Die LGT war nur als Zeuge beteiligt", erklärte damals Prinz Philipp von und zu Liechtenstein.

Diesmal geht es nicht um hochkriminelles Geld, sondern um Steuerhinterziehung, was die meisten Liechtensteiner vermutlich nicht mal für eine Sünde halten. Und damit genauso denken wie die Kunden der Bank ihres Fürsten. Die hatten sich offensichtlich sehr sicher gefühlt. Und was sollte ihnen bei der Fürstenbank auch schon passieren?

Immerhin war ihr Geldhaus im Herbst vergangenen Jahres als einziger unter 344 getesteten Vermögensverwaltern von einem Wirtschaftsblatt mit "summa cum laude" ausgezeichnet worden. Das Prädikat gibt es selbstverständlich nur bei vorzüglichster Diskretion und absoluter Sicherheit aller Kundendaten.

In anderen Fällen praktiziert das kleine Land die früher betriebene Geheimniskrämerei indes schon länger nicht mehr. Der Schmiergeldskandal bei Siemens nahm auch in Liechtenstein seinen Anfang. Merkwürdige Finanztransfers waren dort aufgefallen, die Staatsanwaltschaft in Vaduz leitete Ende 2004 Ermittlungen ein, die für spätere Verfahren in der Schweiz und in Deutschland hilfreich waren.

Und gegen den Clan des früheren nigerianischen Diktators Sani Abacha, der Schmiergeld aus aller Welt kassierte und auch in Vaduz versteckte, läuft sogar ein Gerichtsverfahren. Doch bei der Steuerhinterziehung ist in Liechtenstein für Ermittler aus anderen Ländern weiterhin Endstation.

© SZ vom 16./17.02.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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