Bankenrettung:Als erstes eine Ausnahme

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Ist die Staatshilfe für zwei marode italienische Banken der von Kritikern befürchtete "Sündenfall"? Die Empörung ist groß. Die EU-Kommission und Berlin wiegeln hingegen ab. Die Frage ist: Muss Italien nationales oder europäisches Recht anwenden?

Von Daniel Brössler, Brüssel

Die Empörung ist erheblich und sie kennt keine Parteigrenzen. "Mit dieser Entscheidung geleitet die EU-Kommission die Bankenunion zum Sterbebett", klagt der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. "Wieder einmal soll der Steuerzahler mit Milliardensummen einspringen, um marode Geldhäuser zu sanieren", kritisiert sein FDP-Kollege Michael Theurer. Es handele sich um eine "politisch getriebene Fehlentscheidung der EU-Kommission", befindet auch Sven Giegold, EU-Abgeordneter der Grünen. Entzündet hat sich die Kritik an der Entscheidung der EU-Kommission, Italien zu erlauben, bei der Abwicklung zweier maroder Banken 4,785 Milliarden Euro Staatsgeld zuzuschießen und staatliche Garantien in Höhe von bis zu zwölf Milliarden Euro zu gewähren.

Der EU-Kommission kommt es darauf an, dass die Pleitebanken vom Markt verschwinden

Dies sei, klagt Giegold, eine "empörende Umgehung der Regeln der europäischen Bankenunion". Auch Theurer verweist auf die Bankenunion und das "geregelte Verfahren der Bankenrettung und -abwicklung, welches Steuergelder erst als allerletztes Mittel vorsieht". Nun aber frage er sich: "Was bringen EU-Regeln, wenn sie beim ersten Fall nicht angewendet werden?"

Genau das bestreitet die EU-Kommission. Eine Sprecherin versicherte am Montag, die am Vorabend getroffene Entscheidung stehe "vollkommen in Einklang" mit den Regeln. Im Zentrum der Argumentation der EU-Kommission steht dabei, dass es sich bei der Maßnahme eben nicht um eine Bankenrettung, sondern um die Abwicklung der Veneto Banca und der Banca Popolare di Vicenza handele. Die Entscheidung der Kommission erlaube es Italien, "Maßnahmen zu ergreifen, die die Abwicklung der beiden Banken erleichtern", erklärte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Das italienische Steuergeld federt die Übernahme der Pleitebanken durch die gesunde Intesa Sanpaolo ab.

Für das Bundesfinanzministerium handelt es sich um Einzelfälle, die man gesondert betrachten muss

Aus Sicht der Kommission ist dabei entscheidend, dass die beiden Pleitebanken tatsächlich vom Markt verschwinden. 60 Prozent der Filialen sollen nach der Übernahme durch die Intesa Sanpaolo geschlossen, 40 Prozent der Angestellten entlassen werden. 3900 der 10 800 Beschäftigten verlören ihren Arbeitsplatz, teilte die Bank Intesa Sanpaolo mit.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte die beiden seit Jahren kriselnden Geldhäuser am Freitag als nicht oder wahrscheinlich nicht überlebensfähig eingestuft. Die Abwicklungsbehörde SRB hatte daraufhin entschieden, dass kein öffentliches Interesse an einer Abwicklung im EU-Rahmen bestehe. Beide Banken sind mit einem Marktanteil von je einem Prozent in Italien klein und nur regional in Venetien von Bedeutung. Aufgrund der Entscheidung der SRB wurde die Abwicklung der Banken ein Fall für das nationale Insolvenzrecht. Seit Monaten bemüht sich die italienische Regierung darum, die abrupte Schließung der beiden maroden Banken zu verhindern. Der Versuch, die Häuser mithilfe privater Investoren zu retten, scheiterte aber. In dem Verfahren, dem die EU-Kommission nun zugestimmt hat, übernimmt die Intesa Sanpaolo nur die gesunden Unternehmesteile. Faule Kredite werden in eine Bad Bank ausgelagert. Die Zuschüsse und Garantien durch den italienischen Staat sollen Kosten und Risiken abdecken. Aus Sicht der EU-Kommission sind die Staatshilfen gerechtfertigt, um regionale Verwerfungen durch eine sofortige Schließung der Banken zu verhindern. Dies sei in den EU-Regeln ausdrücklich so vorgesehen. Und eine rein privat finanzierte Lösung, wie kürzlich im Falle der Banco Popular in Spanien, sei eben nicht möglich gewesen.

Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums in Berlin sprach von Einzelfällen, die gesondert betrachtet werden müssten. Da im Fall der beiden italienischen Banken nicht europäisches Recht, sondern nationales Insolvenzrecht angewandt worden sei, verböten sich "Schlussfolgerungen von diesem Fall auf das Resolutionsregime in Europa".

© SZ vom 27.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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